Hier möchte ich gerne weitere Impulse und Erfahrungen zum Thema Erdung teilen - aus meinem Buch und ganz aktuell aus dem Alltagsleben.
8. November 2024
Ich hatte schon berichtet, dass ich vor einigen Jahren einen gesundheitlichen Vorfall hatte, der mich lange Zeit sehr einschränkte. Das war eine harte Zeit für mich, die aber auch viel Transformation mit sich brachte. Heute sehe ich, dass ich mir vieles unnötig schwer gemacht hatte (was natürlich Teil des Prozesses war), und würde gerne nachträglich als gute Fee an mein Krankenbett treten und mir ein paar Dinge ans Herz legen. Vielleicht helfen sie ja dir oder anderen Menschen, die gerade betroffen sind:
1. November 2024
Gestern hatte ich keine Lust, Samhain zu feiern. Ich fühlte mich überhaupt noch nicht danach. Ich befinde mich irgendwie noch in der bunten Phase des Herbstes, noch nicht in dieser Grau- und Nebelig-Stimmung. Aber die Jahresfeste waren ja ursprünglich auch nicht an spezielle Daten gebunden, sondern orientierten sich am Rhythmus der Natur. Daher bleibt noch Zeit…
Dennoch holte mich das Ganze heute Nacht noch ein: Ich erwachte und hatte plötzlich heftige Prozesse mit meinen Vorfahren. Es ging vor allem um ihre lebenseinschränkenden Überzeugungen, die irgendwie immer noch auf mir lasten: "Das Leben ist hart", "Du musst dir das Leben verdienen" und ähnliches. Selbstverständlich haben unsere Ahnen in den letzten Jahrhunderten sehr harte und anstrengende Erfahrungen machen müssen – meist waren sie mit Überleben beschäftigt – und möchten uns nur vor Unglück bewahren. Aber unser Leben heute sieht anders aus, und die Mär vom schweren Leben und Mangel hindert uns daran, ein erfülltes Leben zu führen!
Auch die Stimmen, die raten, sich unauffällig und bescheiden im Verborgenen zu halten - insbesondere als Frau und ganz besonders in Bezug auf spirituelle Gaben – sind sehr kontraproduktiv, wenn man in die eigene Kraft kommen möchte. Und heute sind die weiblichen Kräfte und intuitiven Fähigkeiten wichtiger denn je!
Daher bat ich meine Vorfahren, all ihre negativen Erlebnisse, Ängste und Vorbehalte loszulassen und der Erde zu übergeben. Und ich meine gleich mit. Das hat sich toll angefühlt! Sehr entlastend! Und wunderbar erdend…
25. Oktober 2024
Im Vergleich zu anderen Kulturen fällt auf, wie streng in unserer nordeuropäischen Kultur mit Fehlern umgegangen wird. Alles hat perfekt zu sein, am besten von Anfang an!
Das geht nicht nur an der Realität vorbei, sondern schränkt uns auch stark ein. Denn zu zwanglosem Lernen benötigen wir viel Freiheit und Raum. Freiheit zum Experimentieren und Ausprobieren, denn wie sollen wir sonst zu tieferen Einsichten gelangen?
Und dazu gehören Fehler. Durch Fehler lernen wir am besten, denn sie bedeuten, eigene Erfahrungen zu machen. Warum also reagieren wir so allergisch auf Fehler?
Weil wir dieses Ideal des Perfekten so stark in uns abgespeichert haben. Wir empfinden Fehler als Makel, mit den entsprechenden Gefühlen von Unzulänglichkeit, Versagen und Scham. Diese Reaktionen hindern uns aber daran, die richtigen Schlüsse zu ziehen und weiter zu wachsen. Wir gehen beim nächsten Mal auf Nummer Sicher – und verlieren immer mehr unsere Lebendigkeit.
Diese Art Perfektionismus wird dem Leben nicht gerecht. Es gibt im Leben keine Sicherheit, und oft genug gibt es kein Falsch und kein Richtig, höchstens auf subjektiver Ebene. Und da hat jeder seinen eigenen Weg, muss vielleicht die eine oder andere schmerzhafte Erfahrung machen, um daraus zu lernen.
In unserer Kultur ist man leider ganz schnell dabei, die Fehler der anderen zu entlarven und sie ihnen unter die Nase zu reiben. Manche scheinen nur darauf zu warten. Diese Fixierung aufs Negative ist ein Teil der Problematik. In östlichen Kulturen hingegen schaut man großzügig über Fehler anderer hinweg, es ist eher peinlich, sie anzusprechen. Auch mal ganz angenehm!
Besser noch wäre es, das Leben einfach als langzeitliches Experiment zu betrachten - und nicht als perfekte Performance!
18. Oktober 2024
Zu jeder Jahreszeit kommen alte Kindheitserinnerungen auf. Im Herbst sind es bei mir besonders viele: Ausflüge ins Sauerland mit großen Wanderungen und Pilzsuche, Kastaniensammeln auf dem Friedhof (da wuchsen besonders viele!) mit anschließendem Basteln und besonders einprägsam die gemeinsame Apfelernte mit meinem Vater und Bruder auf einer Streuobstwiese. Ich erinnere mich an wunderbar strahlende Herbsttage, die Luft schon ein wenig kühler, die Wiese feucht und benetzt, die Sonne immer noch warm und voller Strahlkraft. Mein Vater kletterte auf eine große Leiter und pflückte Äpfel, während mein Bruder und ich die Aufgabe hatten, diese aufzusammeln, die Leiter zu sichern und vor allem die Kühe abzuhalten, die auf der Wiese grasten. Vor allem letzteres war ein großer Spaß!
Diese Unternehmung hatte etwas Archaisches für mich: die körperliche Arbeit im Freien, die Tiere, das Gemeinschaftliche… Es ist genau das, was ich immer noch so liebe! Heute ist es das Werkeln im Garten, gerne mit anderen Gartenfreund*innen (leider ohne Tiere - außer dem einen oder anderen Hund), und immer noch das Wandern.
Wenn wir nicht so recht wissen, was uns eigentlich guttut, können wir mal in unsere Kindheit schauen. Dort finden wir sicher Hinweise, die wir auf unser jetziges Leben übertragen können.
11. Oktober 2024
Erst einmal vorweg: Ich möchte auf keinen Fall behaupten, dass alle Hochsensiblen (HSP) unter fehlender Erdung leiden. In meinem Freundeskreis befinden sich sehr geerdete Gegenbeispiele!
Da ich mich selbst zu den HSP zählen würde, weiß ich aber, dass es mit unserem empfindsamen Nervensystem und unserer besonderen Art der Reizverarbeitung oft schwieriger ist, die Bodenhaftung zu wahren. Wir nehmen viel feiner und mehr als die meisten anderen Menschen wahr und sind deshalb schneller überwältigt von der Außenwelt und unseren speziellen Einblicken. Oft kommt eine mangelnde Fähigkeit zur Abgrenzung hinzu, so dass wir gerne anderer Leut's Probleme zu unseren machen und überhaupt gerne die Welt retten würden. Wenn wir dazu noch mit unserem Anderssein hadern, kann es sehr anstrengend werden.
Für HSP ist es daher umso wichtiger, auf eine gute Erdung zu achten. Sie hilft dabei, mehr bei sich selbst zu bleiben und die eigene Energie nicht so zu streuen, sowie weniger Fremdenergien aufzusaugen.
Da die meisten HSP einen guten Zugang zur Natur besitzen, können sie hier gut Zuflucht finden. Bei spirituellen Aktivitäten sollten sie besonders auf Erdung achten, um nicht gleich "wegzufliegen".
Und nicht vergessen: Hochsensibilität ist ein großes Geschenk, das sich gut geerdet sehr genießen lässt!
4. Oktober 2024
So haben wir uns den Herbst nicht vorgestellt! So kalt, grau und verregnet… Das ist schon eine Herausforderung nach den strahlenden Spätsommertagen! Der erste Tag ist vielleicht noch ganz gemütlich, aber dann reichts eigentlich auch wieder! Aber leider hört das Wetter nicht auf unsere Bedürfnisse… und wir müssen uns auch auf diese Seite des Herbstes einstellen. Zum Beispiel so:
28. September 2024
Wenn eine neue Jahreszeit beginnt, reagiere ich immer mit Irritation: Ich werde von vielen alten Erinnerungen überflutet und habe das Gefühl, da kommt ein ganz anderer Mensch hervor, den ich ganz vergessen habe. Ganz andere Wahrnehmungen, ganz andere Gefühle, auch eine andere Form der Spiritualität. Und das nur aufgrund des Jahreszeitenwechsels! Es ist nicht unbedingt unangenehm, vieles fühlt sich altvertraut an. Es dauert aber immer eine Weile, bis ich all dies in mein aktuelles Sein integriert habe.
Ich finde dieses Phänomen sehr faszinierend! Zeigt es doch, wie sehr wir Menschen mit der Natur und ihren unterschiedlichen Qualitäten verbunden sind. Ich frage mich immer, wie ein Mensch fühlt, der vielleicht nur Monsun und Nicht-Monsun-Zeit kennt, während Tageslängen und Temperaturen gleichbleiben. Auch seine Kultur hat sicherlich Mythen, Bilder und Feste entwickelt, die diesen Änderungen gerecht werden. Wie sie sich anfühlen, lässt sich nur erahnen.
In unseren nördlichen Sphären gibt es einen großen Schatz an altem Kulturgut, das die Jahreszeiten zum Thema hat: Lieder und Gedichte, Geschichten und Mythen, Feste und Feiertage, Bilder und Symbole. Insbesondere die jahreszeitlichen Feste fangen die neue Qualität ein und feiern sie. Dadurch fallen die Übergänge leichter. Natürlich können wir uns dem Thema auf verschiedene Weise nähern: bewusst in die Natur hinausgehen, Gaben aus der Natur sammeln, jahreszeitlich basteln und dekorieren, etwas passendes kochen, über den Wechsel meditieren…
Wenn wir ein bisschen bewusster daran gehen, überfällt uns der Wechsel nicht so. Denn beeinflussen tut er uns so oder so, auch wenn wir noch so naturfern leben.
21. September 2024
Keine Jahreszeit bringt uns so in die Erdung wie der Herbst! Während der Sommer zu Leichtigkeit und Aktionismus einlädt, holt uns der Herbst wieder auf den Boden zurück: Er bereitet uns sanft auf den Rückgang vor und rundet das Jahr ab. Wir dürfen ein wenig innehalten und uns zurücklehnen. Viele große Arbeiten sind getan, nun ist Zeit für die Ernte! Wir dürfen ernten, was wir gesät haben. Wir werden belohnt mit den Früchten, die in der Üppigkeit des Sommers heranreifen durften. Wir dürfen die ganze Fülle der Natur erleben!
Nun ist Zeit für eine Bestandsaufnahme: Was in deinem Leben durfte in dieser Saison zu voller Reife gelangen? Welche deiner Projekte haben Früchte getragen? Hast du sie schon gebührend gefeiert? Was ist mit anderen? Sind sie noch aktuell? Hast du dich irgendwo verzettelt? Jetzt ist auch die Zeit dafür, nicht mehr Passendes auszusortieren. Was darf mit in die dunkle Zeit getragen werden? Was brauchst du wirklich? Wie ein Herbstwind alles Überflüssige mitnimmt, so lasse alles los, was keine Bedeutung mehr hat!
Diese Form der Auslese kannst du auch in Form eines Rituals machen: Zünde dir eine Kerze an und gehe in dich. Schreibe zunächst die gelungenen Projekte auf und bedanke dich für diese. Dann notiere, was für dich im Moment besonders wichtig ist: Was darf dich in der Winterzeit begleiten? Und welche Dinge möchtest du schließlich gerne loslassen? Du kannst die Zettel feierlich verbrennen oder vergraben. Natürlich kannst du dieses Ritual auch in ein üppigeres Erntedankfest integrieren, eine Kürbissuppe kochen, ein Feuerchen machen, räuchern, Herbstdekoration basteln...
10. September 2024
Im Urlaub ist mir das Thema unterschiedliche Tagesrhythmen mal wieder so richtig vor Augen geführt worden. Leider liegen mein Mann und ich da nicht so auf einer Wellenlänge. Während ich nach dem Frühstück Hummeln im Hintern verspüre und unbedingt aktiv werden muss, sitzt er noch gerne beim zweiten Kaffee, beim dritten Kaffee, beim vierten Kaffee… und findet mich ganz schrecklich ungemütlich. Dabei kann ich sehr gemütlich sein, aber eben am Nachmittag – nach der Aktivität.
Über das ganze lässt sich ganz wunderbar streiten, Pro- und Contra-Argumente für die beiden Positionen finden sich leicht und wurden schon hundertfach ausgetauscht – aber eigentlich ist das müßig, völlig unnötig, denn es handelt sich um ein Energie-Problem. Meine Energie geht sofort hoch und möchte sich verausgaben, sonst macht sich starke Unruhe breit. Dafür ist sie dann auch schnell wieder verpufft – typisch Vata-Typ (Luft-Typ). Erst einmal eigene Wege gehen und dann den großen Ausflug gemeinsam angehen ist also auch keine tolle Lösung. Mein Mann benötigt längeren Anlauf, seine Energie ist dann aber lange auf hohem Niveau, deshalb kann er meine Problematik wenig nachvollziehen. Die Tagesplanung im Urlaub ist also nicht immer ganz leicht, da bedarf es einiger Kompromisse. (Im Alltag fällt die Diskrepanz weniger auf.)
So hat jeder seinen Rhythmus. Es ist gut, ihn zu kennen und den Alltag – wenn möglich - entsprechend einzurichten. Und genügend Pausen einzuplanen! Für Vata-Typen wie mich sind sie unglaublich wichtig, um neu aufzutanken. Und anderen tun sie sicher auch gut!
3. September 2024
In letzter Zeit war ich eher faul mit Schreiben... Am Meer bin ich in einem anderen Seinsmodus. Ich gehe in der unglaublichen Weite auf und brauche nicht viel. Einfach DASEIN! Mit allen Sinnen Wind und Wetter spüren, herrlich! Am liebsten natürlich mit Sonne und Wärme, weil ich wirklich gerne im Meer schwimme, aber eher zimperlich mit den Temperaturen bin.
Was mich besonders fasziniert am Strand: Er sieht jeden Tag, eigentlich jede Stunde, anders aus. An unserem Strand machen Ebbe und Flut bereits Hunderte Meter aus, Priele bilden sich immer wieder neu, Sand und Schlick bilden unterschiedlichste Muster, mal finden sich besonders viele Schwertmuscheln, mal wieder ein Häufchen mit Seesternen an einer einzigen Stelle, an einem Tag treibt es lila Quallen an den Strand, und am einzigen windstillen Tag war der Strand von Marienkäfern übersät, die sich über die verwunderten Urlauber*innen hermachten. Das allerschönste Erlebnis für mich war, als mitten beim Schwimmen im Meer plötzlich ein Seehund ein paar Meter vor mir auftauchte! Er sah mich auch recht überrascht an und tauchte wieder ab.
Auch die Dünenlandschaft mit ihrer seltsamen Bewachsung reizt mich sehr. Sie kommt mir irgendwie uralt und geheimnisvoll vor, obwohl sie teils erst vor ein paar Jahrzehnten dem Meer abgerungen wurde.
Soviel Leere und Weite gibt Raum für die eigene Seele! Man mag sich ausbreiten im Sand, im Wind, im Meer, in der Stille. So heilsam!
Schönes Kontrastprogramm sind die holländischen Örtchen mit ihren alten Ortskernen, den kleinen Häuschen und Häfen und Grachten. Bunt und lebendig, mit kleinen Lädchen, wo man immer etwas Besonderes findet. Und ihre Bewohner*innen selbst wirken immer so entspannt und gut gelaunt.
Nun bin ich wieder hier, und es ist auch gut. Anders eben, ganz andere Landschaften, und eigentlich liebe ich ja den Wald und etwas bergigere Landschaften. Und meinen bunten Garten. Und die etwas schnodderigen Menschen im Ruhrgebiet. Schön ist einfach ab und zu ein Perspektivenwechsel!
20. August 2024
Leidest du an diffusen Beschwerden wie Allergien und Unverträglichkeiten, Ohrensausen, Schwindel, Verdauungsproblemen, Nervenschmerzen, Kopfschmerzen oder Migräne? Dann bist du vielleicht ein Luft-Typ: nach dem Ayurveda ein Vata-Typ und nach der altgriechischen Lehre ein Sanguiniker.
Während beispielsweise der Feuer-Typ handfeste Herzprobleme vorzuweisen hat und der Erd-Typ zu Diabetes neigt, sind die Erkrankungen des Luft-Typs weniger greifbar. Die Folgen davon sind, dass die Schulmedizin kaum Lösungen für sie zu bieten hat, Ärzt*innen die Probleme nicht so ernst nehmen und man schnell in der Schublade Psychosomatik oder Hypochondrie landet. Und man sich selbst schon ganz blöd vorkommt! Dabei ist man eben nur ein Luft-Typ mit dessen spezifischen Problemen! Zum Glück sind diese oft nicht wirklich lebensgefährlich, aber lästig und
Die traditionellen Systeme kennen auch eine Lösung für typische Luft-Beschwerden: den Ausgleich durch das Erd-Element und das Meiden von noch mehr Luft-Qualität. Dies wird insbesondere durch die Ernährung und die Lebensweise erreicht. Dem Luft-Typ tut alles gut, was ihn runterholt: ein erdendes Umfeld, erdende Tätigkeiten, viel Achtsamkeit und Ruhe, das Meiden von Stress und Extremen.
Oft wird in unserer Gesellschaft das Gegenteil gelebt und deshalb ist es für den Luft-Typ besonders schwer, sich hier abzugrenzen und in seine Mitte zu kommen. Aber dafür umso notwendiger!!
13. August 2024
Selbstverständlich: selbständig und kritisch denken zu lernen, gehört mit zu den wichtigsten Erziehungszielen und Werten unserer Gesellschaft. So folgen wir nicht jeder Autorität und auch nicht jedem dämlichen Trend.
Aber Vorsicht: Wenn der kritische Blick zum Reflex wird, kann er uns auch sehr unfrei machen. Wenn wir bei jeder Begegnung, bei jeder neuen Idee routinemäßig erst einmal das Haar in der Suppe suchen, berauben wir uns unserer Unbefangenheit und Freude.
Natürlich sollte niemand naiv und leichtgläubig durch die Welt gehen. Aber ständiges Hinterfragen und Analysieren kann auch lähmen. Vielleicht stellt es eine Art Selbstschutz dar, um in der Negativität haften zu bleiben und bloß nichts zu bejahen. Einige Menschen halten diese Haltung für cool. Andere ziehen vielleicht (falsche) Stärke aus der Rolle des "Alles-Durchschauenden".
Zu bedenken ist auch, dass wir bekanntlich das anziehen, worauf wir unseren Fokus richten. Ist es das Negative, so wird uns dies ständig wiederbegegnen, und wir fühlen uns immer aufs Neue bestätigt. Suchen wir bei einer Person, die wir neu kennenlernen, sofort nach Fehlern, werden wir diese garantiert finden – und mit ihnen konfrontiert werden. Begegnen wir jeder neuen Situation mit Misstrauen, wird sie uns nichts Gutes bringen können.
Eine bessere Haltung wäre, offen und aufmerksam zu bleiben und nicht reflexhaft zu urteilen. Bei der Einschätzung von Menschen und Situationen hilft uns auch unsere Intuition. Diese wird aber überblendet, wenn sich sofort unser kritischer Kopf einschaltet.
Also: raus aus dem Mechanismus und rein ins Leben!
6. August 2024
Endlich Hochsommer! 🌞Nach ein paar regenfreien Tagen lassen sich prima Heilkräuter sammeln. Am besten morgens, nachdem der Tau abgetrocknet ist und sich die Wirkstoffe noch nicht in der Sonne verflüchtigt haben.
In der freien Natur sind im Moment interessant:
Schafgarbe, Kamille, Königskerze, Nachtkerze, Kornblume, Mädesüß, Frauenmantel, Spitzwegerich, Quendel, Dost, Weidenröschen, Wegwarte, Malve, Baldrianblüten, Honigklee, Gänsefingerkraut, Brennnesselsamen, die erste Goldrute, das letzte Johanniskraut…
Und im Garten: Minze, Rosmarin, Lavendel, Bohnenkraut, Salbei, Majoran, Oregano, Ysop, Ringelblume, Kapuzinerkresse, Wermut, Estragon, Verbene, Melisse, Rosenblüten…
Himbeere, Brombeere, Heidelbeere, die ersten Holunder- und Ebereschenbeeren und Hagebutten
Trockne Kräuter für Tee, löse sie in Alkohol, Honig oder Essig (Tinktur), aromatisiere Öl und Essig, bereite Kräutersalz und -butter, Sirups und Likörs…
Ein Rezept für ein leckeres Kräuteröl
Fülle einige (ungewaschene) Zweige Rosmarin, Thymian, Oregano, Salbei (wenig), Bohnenkraut (wenig) und Ysop (wenig) in ein weites Gefäß, füge Zitronenscheiben und 2 Knoblauchzehen (bei Bedarf auch mehr) hinzu und übergieße alles mit einem guten Olivenöl. Stell das Gefäß auf die Fensterbank, schüttele jeden Tag und öffne ab und zu kurz den Deckel. Nach vier Wochen abseihen – und das Öl ist fertig!
Ein Rezept für Himbeeressig:
Befülle ein Gefäß zu ¾ mit Himbeeren und übergieße es mit einem guten Weißweinessig. Stell die Flasche auf die Fensterbank und schüttele jeden Tag. Seihe den Essig nach vier Wochen ab und koche ihn noch einmal kurz auf. Wenn du magst, kannst du dabei ein wenig Zucker oder ein anderes Süßungsmittel hinzufügen. Ebenso bereite ich Essig aus Brombeeren oder Holunderbeeren.
Besonders erfrischend ist Minzsirup:
Erhitze 1 l Wasser und löse 500 g Zucker (oder ein anderes Süßungsmittel) darin. Füge dann ein paar Zweige Minze (am liebsten mag ich die Marokkanische für dieses Rezept) und ein paar Zitronenscheiben hinzu und lass es über Nacht stehen. Seihe am nächsten Tag ab und koche die Flüssigkeit noch einmal auf. Fülle sie in sterile Flaschen. Im Kühlschrank halten sie recht lange. Nach Anbruch besser schnell aufbrauchen. Der Sirup schmeckt auch gut in Cocktails und Nachspeisen!
3. August 2024
Als ich vor kurzem Magen- und Darmprobleme hatte, fiel mir wieder auf, wie negativ sich diese auf mein Gefühl von Erdung auswirken. Mit flauem Bauchgefühl und Durchfall kann man sich einfach nicht stabil fühlen! Und ein geblähter Bauch oder Verstopfung wirken wie eine dicke Blockade in der Körpermitte: Es fließt einfach nichts mehr!
Die Bauchregion bildet unsere Körpermitte und ist deshalb besonders wichtig für unser Gefühl von Stabilität und Erdung. Daher ist es so wichtig, auf das Verdauungssystem zu achten. Funktioniert bei dir alles optimal, oder leidest du unter Bauchgrummeln, Blähungen und anderen Beschwerden? Dann zögere nicht, das Problem anzugehen und dich einmal gut untersuchen zu lassen. Wenn Arzt oder Ärztin nichts finden, lohnt sich ein Weg zur Heilpraktiker*in, um nach möglichen Quellen zu schauen, die die Schulmedizin weniger auf dem Schirm hat: Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien, Dysbiose im Darm (Bakterien-Fehlbesiedelung), Leaky Gut (durchlässige Darmschleimhaut), SIBO (Fehlbesiedelung des Dünndarms) usw.
Natürlich kann man auch auf der Basis von Heilkräutern selbst viel Gutes für sich tun.
Auf psychischer Ebene geht es darum zu gucken, was uns aus unserer Mitte zieht, was wir schlecht verdaut bekommen, was wir festhalten wollen, was uns auf den Magen schlägt, wo wir uns schlecht abgrenzen können (Allergien), wo wir zu viel konsumieren und ähnliches.
Die Bakterien-Zusammenstellung im Darm steht auch in Verbindung zu unserer psychischen Beschaffenheit - ein relativ neues Forschungsfeld, das sicher in Zukunft noch viel Interessantes zu bieten hat.
Unser Bauchgefühl kann uns dabei weiterhelfen, diese Zusammenhänge zu verstehen. Wir können versuchen, uns in den Bauch einzufühlen und mit den einzelnen Organen zu "sprechen". Wenn wir unseren Bauch stärken, stärken wir unsere Mitte. Dies hat unmittelbar Einfluss auf unser Gefühl von Stabilität und Erdung.
Eine "Reinigungsübung" für den Darm
Hier eine effektive Übung zur Reinigung des Darms, die von meinem verstorbenen Meditationslehrer Rudi Baier stammt:
Stell dir vor, eine blaue Kugel steigt von rechts unten deinen Bauch empor. Auf der Höhe des Magens knickt sie waagerecht nach links ab und von dort aus geht sie wieder hinunter. Im Unterbauch angekommen wandert sie wieder waagerechts nach rechts und steigt erneut auf. Sie wandert also in der Form eines Quadrats durch deinen Bauch, etwa entlang des Dickdarms.
Mache diese Übung ein paar Minuten lang, sie hat eine sehr reinigende Wirkung! Rudi wies darauf hin, die obere linke Ecke besonders pedantisch zu bearbeiten, denn an dieser Stelle entstehe oft Darmkrebs.
27. Juli 2024
Heute möchte ich euch meinen verstorbenen Meditationslehrer Rudi Baier vorstellen. Ich bin in den 90er Jahren zu Rudi gelangt. Meine erste Stunde bei ihm werde ich nie vergessen: Erst einmal begrüßte er mich so herzlich, dass ich mich sofort angenommen fühlte. Nach einem kurzen Gespräch sollte ich mich dann auf den Teppich legen, und er drückte behutsam mein Becken auf die Erde. Das war so erleichternd, dass mir die Tränen kamen! "Dir fehlt die Erdung!", war seine Diagnose. Das hatte mir noch keiner gesagt!
Rudi lud mich in seine Meditationsgruppe ein, die sich gerade neu bildete. Er leitete zu dieser Zeit mehrere feste Gruppen, die bereits seit Jahren liefen. Daher war ich froh, in die neue einsteigen zu dürfen.
Anfangs leitete Rudi nur Übungen zur Erdung und Körperwahrnehmung und -reinigung an. Diese waren zunächst recht abwechslungsreich, was für unseren Geist sicher eine Erleichterung war, und wurden mit der Zeit länger und "eintöniger". Sie fielen uns nach einiger Zeit aber auch leichter. Zudem hatte die Gruppe eine eigene energetische Dynamik entwickelt. Wenn wir Freitagabend zu sitzen begannen, verging immer weniger Zeit, bis wir einen tiefen meditativen Zustand erreichten. Mit der Zeit weitete Rudi die Übungen aus. Meist waren sie körperbezogen, manchmal auch zentrierend und einförmig. (Meine "Hass-Übung" war das Zählen von 1 bis 11 visualisiert im Becken. Da bei jeder Ablenkung neu angefangen werden sollte, kam ich nie "weit" – eine wunderbare Übung um die Aktivität des Geistes zu beobachten😜)
Rudis Meditationsansatz beruht auf einer Weiterentwicklung seiner Erfahrungen als Schüler bei Graf Dürckheim, Hetty Draayer und Sogyal Rinponche. Sein wichtigstes Anliegen war, die Übungen im Alltag zu verankern. Die Sitzmeditation sah er immer nur als Training für das Alltagsleben an. Sein Ideal war, sich an der Grenze zwischen Alltagsbewusstsein und tieferen Bewusstseinsstufen zu bewegen, so dass beide Bereiche in Verbindung bleiben. Vom Abtauchen in tiefe Sphären als Selbstzweck hielt er nicht viel. Rudi war trotz seiner tiefen Spiritualität einer der nüchternsten Menschen, die ich kenne.
Rudi hatte eine starke Persönlichkeit. Er wirkte immer hellwach und präsent und drückte gleichzeitig eine starke Güte und Anteilnahme aus. Er war ein richtiger Meister, auch wenn er nie viel Aufhebens um seine Person machte. Anfang der Nullerjahre begann er, Texte für eine Homepage zu verfassen. Zudem nahm er viele Meditationsanleitungen auf, mit denen ich immer noch gerne arbeite.
Rudi kannte seine Schüler*innen sehr gut und hatte immer ein offenes Ohr, auch außerhalb der Sessions. Viele suchten ihn gleichzeitig als Therapeuten auf: Er bot Gestalttherapie an – eine optimale Ergänzung zur Meditationspraxis.
Als ich zu Rudi kam, war er bereits in seinen Sechzigern. Körperlich wirkte er immer sehr fit, bis er 2016 unerwartet verstarb. Dies war ein großer Schock für uns alle! Und für mich erst einmal sehr schwer, ohne diesen Rettungsanker! Allerdings ist mir seine Energie noch sehr präsent, so dass ich mich immer noch verbunden fühle. Viele seiner Aussagen sind mir erst später klar geworden, und ich hätte noch so viele Fragen an ihn. Mein Weg ist weiter gegangen, ein bisschen weg von der reinen Meditation in die schamanische Richtung. Aber ich nehme meine Erfahrungen mit und sehe keine Widersprüche. Im Gegenteil habe ich durch Rudi eine solide Basis erhalten, und seine Erdungsübungen haben mich durch so manche schwere Zeit getragen! Ich bin ihm unendlich dankbar!
Meine Lieblingssprüche von ihm:
"Wir Menschen sind Bewusstseins-Wesen!"
"Wir Menschen sind heil gemeint!" (von der Schöpfung, von Gott)
Und mitten in der Meditation: "Genießt diesen Augenblick, wo ihr einfach nur SEIN dürft. 'Ich bin' – und das genügt."
Hier sind weitere Informationen über Rudi und seine Arbeit:
https://www.wieobensounten.de/einl/rudi
19. Juli 2024
Kennst du dieses Dilemma: Auf der einen Seite sollen wir nicht werten – und auf der anderen Seite müssen wir jeden Tag Hunderte von Entscheidungen treffen? Wir sind auf der praktischen Ebene quasi gezwungen, Dinge zu beurteilen, da wir uns für oder gegen sie entscheiden müssen:
Trinke ich Kaffee oder Tee zum Frühstück? Fahre ich mit dem Fahrrad oder mit dem Auto zur Arbeit? Treffe ich mich abends mit meiner Freundin X oder meinem Freund Y?
Die große Kunst liegt wohl darin, keine allgemeingültigen Richtlinien aus unseren Entscheidungen zu machen. Wir entscheiden uns für das, was sich für uns zu einem bestimmten Zeitpunkt richtig anfühlt. Dies kann für jemand anderen ganz anders aussehen. Und zwei Monate später für uns vielleicht auch.
Wenn wir die Dinge, gegen die wir uns entscheiden, nicht gleichzeitig mit starken negativen Emotionen aufladen, können wir dies ganz leicht akzeptieren. Wenn wir also nicht direkt einen Feldzug gegen den morgendlichen Kaffee fahren, uns nicht vollkommen mit dem Bild des ökologischen Radfahrers identifizieren und Freund Y nicht schlecht reden müssen, um uns für Freundin X zu entscheiden, könnten wir in einer ganz bequemen Position verbleiben, die uns und anderen viel Freiheit lässt. Wir können es dabei belassen, Dinge oder Menschen anhand dessen auszuwählen, ob sie für eine bestimmte Situation passend sind in unserem Leben – ohne sie generell abzuwerten. Für unsere Entscheidung reicht das aus!
Dann würden wir uns umgekehrt auch nicht sofort persönlich angegriffen fühlen, wenn jemand anderes andere Entscheidungen trifft als wir. Die Welt wäre um einige friedlicher, wenn wir uns und anderen diese Freiheit lassen würden!
12. Juli 2024
Nachtkerzen sind nicht besonders beliebt. Zugegeben: Sie geben an Nachmittagen keine besonders gute Figur ab, wenn sie ihre Blüten hängen lassen. Dafür entschädigen sie am Abend, wenn sie in der einbrechenden Dunkelheit ihre Blüten in phosphoreszierendem Gelb öffnen – bis zum nächsten Mittag, bei bedecktem Wetter auch länger.
Streng genommen sind Nachtkerzen keine einheimischen Pflanzen, sondern Einwanderer aus Nordamerika. Aber unsere Tierwelt hat sie gut angenommen, ich beobachte oft, wie Hummeln minutenlang in den Blüten verschwinden. Und viele Vögel freuen sich über die Samenstände.
Die Nachtkerze hat aber auch uns Menschen einiges zu bieten: Am bekanntesten ist das Öl aus ihren Samen, das mit seinem hohen Gehalt an Gamma-Linolsäure bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis wirksam ist. Innerlich eingenommen wirkt es auch immunstärkend, cholesterinsenkend und leberschützend. Es wird bei hormonellen Störungen und sogar bei Hyperaktivität eingesetzt. Natürlich reichen ein paar Pflänzchen aus dem Garten nicht aus, um Öl zu gewinnen. Dies müsste man fertig gepresst oder in Kapselform kaufen.
Aber auch die Blüten sind essbar und sehr lecker! Sie schmecken süßlich, wie der Duft vermuten lässt, und verschönern jeden Salat. Mit ihren Schleimstoffen tun sie dem Magen-Darm-Trakt gut. Auch ein Hustensirup kann aus ihnen zubereitet werden. Die Knospen lassen sich anbraten oder einlegen – für mich eine Delikatesse! Die Wurzeln können ebenfalls (im Winter vor der Blüte) verzehrt werden und schmecken leicht nach Schinken. Selbst die Blätter sind essbar.
Die Nachtkerze wirkt am Tag freundlich mit ihren hellgrünen Blättern und zitronengelben Blüten. Am Abend hingegen umgibt sie etwas Geheimnisvolles. Die Blüten leuchten richtiggehend in der Dunkelheit und erinnern eher an Mondlicht. Und mit ihrem stattlichen Wuchs wirkt sie tatsächlich wie ein mehrarmiger Kandelaber. Ob sie uns durch die Dunkelheit führen kann?
8. Juli 2024
"Wir sind heil gemeint!" war ein Spruch, den mein verstorbener Meditationslehrer Rudi Baier oft wiederholte – eine wahrhaft tröstliche Botschaft! Das Heile ist unsere wahre Natur! Wenn wir uns aus den Schichten von ererbten Altlasten und ungünstigen Konditionierungen, von negativen Gedanken- und Gefühlskreisläufen und körperlichen Blockaden herausschälen – dann stoßen wir auf einen heilen Kern!
Angesichts der Diskussionen, ob der Mensch von Natur aus selbstsüchtig oder gar "sündig" ist, ist dies doch eine sehr positive Nachricht!
Und mehr noch: Alles in uns ist darauf angelegt, um wieder heil zu werden, wenn wir aus dem Gleichgewicht geraten. Die Medizin hat immer noch nicht herausgefunden, wie unsere Selbstheilungskräfte genau wirken, aber wir alle wissen, dass sie es tun. Auch unser Seelenleben strebt immer wieder nach einem Gleichgewicht. Und das Leben selbst führt uns wiederholt in Situationen, in denen wir die Möglichkeit haben, alte "Geschichten" zu bereinigen und uns dadurch zu heilen. Alles scheint auf Heilung angelegt zu sein!
3. Juli 2024
Unsere Zehen sind energetisch gesehen sehr wichtige Bereiche, durch sie laufen viele Meridiane. Außerdem bilden sie eine Öffnung nach unten hin.
In früheren Zeiten der Evolution waren die Zehen genauso wichtig wie die Finger. Heute verkümmern sie sehr, wir brauchen sie kaum noch. Allerdings lässt sich die Beweglichkeit der Zehen sehr gut antrainieren, wie man bei vielen Menschen mit Handicap sieht. Dafür besteht in unserem Alltag wenig Notwendigkeit, aber für unsere Erdung wäre es gut, sie wieder mehr ins Bewusstsein zu holen.
Aktiviere deine Zehen durch:
֍ Gehen auf den Zehenspitzen
֍ Bewegen und spreizen der Zehen
֍ In die Erde hinein krallen und loslassen (ja, auch unsere Zehen könnten angespannt sein!)
֍ Eine sanfte Massage
Wenn du sie nun gut spürst, gehe mit deinem Bewusstsein in die Zehen hinein. Ertaste sie sorgfältig. Wo spürst du einen Kontakt, wo weniger?
֍ Spüre auch in die Gelenke der Zehen hinein: Der große Zeh hat nur eins, die anderen jeweils zwei. "Reinige" sie imaginär, bis sie weiß strahlen.
֍ Gehe mit deinem Bewusstsein tief in die einzelnen Zwischenräume der Zehen. Spürst du, was sich im Körper verändert?
֍ Gehe nun tief in die Zehennägelränder. Auch hier "öffnen" sich andere Körperbereiche. (Hier laufen viele Meridiane entlang)
Reinigungsübung
Nun stelle dir vor, Du stehst an einem Strand mit den Füßen im Sand. Deine Zehen sind nach vorne hin geöffnet. Spüre, wie eine Welle hellblauer Energie in deine Zehen schwappt. Sie nimmt alles mit, was sich lösen möchte. Im Meer wird dies in bloße Energie umgewandelt und kommt in Form einer sanften Welle zurück. Spüre, wie die Zehengelenke gereinigt werden und lass alles los. Die Welle schwappt jedes Mal ein Stückchen weiter. Deine Zehen fühlen sich jetzt ganz offen an und nehmen die heilende Energie auf. Du fühlst dich an das reinigende Meer angebunden.
Du kannst die Übung auch weiterführen und die Welle weiter den Fuß hinauf über die Beine bis zum Becken laufen lassen.
27. Juni
Durch unsere Füße stehen wir in direktem Kontakt zur Erde, daher spielen sie eine besonders wichtige Rolle für unsere Erdung.
In unserer Wahrnehmung sind die Füße oft weit weg, und wir schenken ihnen nicht besonders viel Beachtung. Wir benutzen sie eben, um auf ihnen zu stehen und zu gehen – meist eingepackt in Socken und festen Schuhen. Dabei sind unsere Füße sehr sensible Instrumente! Wer schon einmal eine Fußreflexzonenmassage erhalten hat, konnte spüren, dass sie in Verbindung zu allen anderen Körperteilen stehen. Insbesondere auf der Fußsohle befinden sich viele Reflexzonen, die beim Barfußgehen ständig aktiviert werden (unflexible Schuhsohlen können diesen Vorgang behindern!). Dadurch kommt unser ganzes System in den Fluss, und die Blockaden, die sich aus dem Alltag ergeben, werden ganz leicht aufgelöst.
Zudem treten unsere Füße mit dem Kraftfeld der Erde in Kontakt, was zu einem Informationsaustausch führt. Dies passiert ganz unbewusst. Aber ich bin mir sicher, dass Menschen in früheren Zeiten oder in naturnah lebenden Kulturen auch bewusst in die Erde hineinspüren und Informationen erhalten können. (Unser eigenes Energiefeld hört nicht mit den Körperumrissen auf, sondern erstreckt sich in die Erde hinein.)
Für unser Anliegen reicht es allerdings, wenn wir den Kontakt zur Erde und ihrer Lebendigkeit wieder mehr spüren können. Und dafür müssen wir unsere Füße mehr ins Bewusstsein holen. Mit diesen Übungen ist es leicht:
Wenn du deine Füße nicht gut spürst, aktiviere sie durch:
Arbeite auch mit der Vorstellungskraft!
Wenn du gar keinen Bezug zu deinen Füßen bekommst, hast du vielleicht starke Blockaden in den Beinen, im Becken oder im Oberkörper, die dies verhindern. Richte deine Aufmerksamkeit auch auf diese Körperregionen!
20. Juni 2024
Heute - passend zur Sommersonnenwende - habe ich Johanniskraut geerntet. Eigentlich tut man das nach einer Reihe von sonnigen Tagen. Ein Blick in die Wetter-App sagte mir aber, dass ich da erst einmal länger drauf warten kann. Daher habe ich die Gelegenheit beim Schopf gefasst und heute Morgen bei schönstem Sonnenwetter (noch!) Blüten gesammelt. Die rote Farbe an meinen Händen hat mir verraten, dass genügend Hypericin vorhanden ist – ein wichtiger Wirkstoff der Pflanze. Wenn sie sich nicht beim Zerreiben zeigt, lohnt es sich kaum, die Blüten zu ernten.
Ich muss gestehen, dass ich heute ganz schön Skrupel hatte, die schönen Blüten abzupflücken, denn sie wurden sehr von Bienen umschwärmt. So habe ich nur einen kleinen Teil entnommen, so dass immer noch genügend übrigblieb. Sie wächst in meinem Garten sehr gut, verbreitet sich stark durch ihre Ausläufer. Seitdem ich sie vom Gemüsebeet in andere Regionen gesetzt habe, darf sie das auch gerne tun.
Ich liebe dieses Kraut! Es ist, als würden Hunderte von kleinen Sonnen aufgehen! Kein Wunder, dass es mit seiner Sonnenkraft Verstimmungen und (leichtere) Depressionen heilen kann. Sie dringt auch tief in die Muskulatur ein und hilft bei Verspannungen und insbesondere bei Nervenverletzungen. Auch bei Hauterkrankungen (und eine Reihe weiterer Beschwerden) wird es gerne benutzt.
Ich setze mir gerne Rotöl an. Dabei schichte ich die Blüten (es dürfen auch Knospen und Verblühtes dabei sein) in ein Glas und überschütte das Ganze mit Bio-Olivenöl. Das Glas kommt auf die Fensterbank und wird jeden Tag geschüttelt. Nach 3-4 Wochen, wenn das Öl schön rot geworden ist, wird es abgeseiht – und fertig ist das Heilöl! Dies kann man noch mit muskelentspannenden ätherischen Ölen wie Lavendel, Rosmarin, Wintergreen (Vorsicht: starker Geruch!), Pfeffer oder Zimt anreichern. Auch ein schönes Geschenk!
Außerdem trockne ich immer mehrere blühende Zweige mit Blättern für Tee. Dieser wirkt entspannend. Für Depressionen sollte man aber eine Tinktur herstellen, noch besser genormte Fertig-Präparate einnehmen.
Im Winter stelle ich mir dann vor, wie die Sonnenkraft in meinem Öl oder Tee gebündelt wirkt. Allein die Erinnerung an das schöne Kraut lässt die Sonne aufgehen!
16. Juni 2024
In indigenen Systemen nimmt die Erde eine zentrale Stellung ein. Aber nicht als toter Planet, sondern als lebendiges Wesen, das erfahrbar ist. Sie wird als Ur-Mutter verehrt, aus der die Schöpfung hervorgegangen ist – unbelebte Materie, die Pflanzenwelt, die Tierwelt und auch der Mensch. Insofern sind alle Elemente der Schöpfung ein Teil von Mutter Erde, stehen mit ihr in Kontakt wie auch mit allen anderen Elementen. In diesem Weltbild gibt es keine Trennung, alles steht in permanentem Austausch und zwar nicht nur in materieller Hinsicht, sondern auch energetisch. Alle Elemente werden als belebt angesehen, auch Steine, Landschaften und die Elemente. Sie alle haben einen besonderen Ausdruck und eine bestimmte Funktion im Großen Ganzen. Und sie haben alle ihren Wert.
Der Mensch ist Teil dieser Schöpfung und in sie eingebettet. Als jüngstes Glied wird er von den anderen Elementen der Schöpfung mit Information und Energie versorgt. Die Natur ernährt ihn nicht nur in materieller Hinsicht, sondern auch auf anderen Ebenen, die ihm (heute) meist nicht (mehr) bewusst sind. Laut der alten Traditionen liegt die Aufgabe des Menschen darin, die Schöpfung wertzuschätzen und zu hüten. Denn der Mensch hat die Fähigkeit, sie bewusst wahrzunehmen und zu erkennen. Es wird auch gesagt, dass der Mensch das Bewusstsein der Erde manifestiert. Eigentlich könnte er ganz glücklich und in Frieden sein Leben auf diesem schönen Planeten genießen.
Wie wir alle wissen, fühlen sich die meisten Menschen heute aber gar nicht mehr als Teil dieser Schöpfung und bewegen sich fern von der Natur abgeschirmt in ihren Häusern und Städten. Natur wird oft nur noch in domestizierter Form einbezogen (Haustiere, Topfpflanzen, gepflegter Garten), und sie erscheint farblos und unlebendig, eher als nette Kulisse. Der so wichtige Informations- und Energieaustausch findet kaum noch statt. Die Verbindung zur Erde ist schon lange verloren gegangen. Sie wird als bloße Materie gesehen, auf der wir uns bewegen und die wir ausbeuten können. Ein maximaler Perspektivenwechsel - mit schwerwiegenden Folgen für beide Seiten.
Was dieser für die Natur bedeutet, wissen wir alle. Aber die Bedeutung für den Menschen ist weniger klar, denn anscheinend kommt er auch so erst einmal über die Runden. Allerdings zu einem hohen Preis: Statt sich vertrauensvoll dem großen Ganzen hinzugeben, sieht er sich als Einzelkämpfer in einem anstrengenden Kampf des Lebens. Statt in einem Gefühl der Fülle zu leben, empfindet er überall Mangel. Statt ein erfülltes, reiches Leben zu führen, sucht er seinen Daseinssinn in Dingen, die ihn nicht wirklich erfüllen. All dies führt zu immer größeren physischen, psychischen und sozialen Problemen. Sein Heil sucht er dann auf Ebenen, die nicht wirklich helfen. Und was ihm wirklich fehlt, erkennt er nicht.
Wie auch? Das alte Wissen ist längst verloren gegangen, in unserer Zeit erzählt man sich ganz andere Geschichten. Deshalb ist es gut, ab und zu mal in das Wissen und die Erfahrung anderer Zeiten und Kulturen einzutauchen – oder in die eigenen Tiefen! Denn tief im Innersten ist das alles noch präsent!
11. Juni 2024
Früher hatten die Menschen ein reiches Wissen über Heilkräuter, sie machten einen Großteil ihres Medizinsystems aus. Dieses Wissen ist in der westlichen Welt durch die Verfolgung weiser Frauen und Männer im Mittelalter fast ausgerottet worden. Stattdessen errichtete die Kirche ein Monopol auf medizinisches Wissen. Die oft importierten Heilpflanzen im Klostergarten verdrängten die wilden Pflanzen, die in der freien Natur für alle frei verfügbar waren. Mit der Zeit gerieten sie in Vergessenheit, nur in wenigen Familien wurde das Wissen weiter bewahrt. Später ging das Monopol dann auf die Vertreter der wissenschaftlichen Medizin über und die Kräuter wurden durch chemische Mittel verdrängt.
Diese ganze Entwicklung hat eine Entmachtung des Volks bewirkt. Während es früher in jeder Familie jemanden gab, der oder (meistens) die das Umfeld medizinisch versorgen konnte, war man nun auf fremde Hilfe angewiesen. Und die Menschen wurden von "ihren" Heilpflanzen entfremdet, so dass die Verbindung abbrach. Alte Sprüche und Lieder zeigen uns noch, wie stark die Menschen früher mit der Natur in Verbindung gestanden haben müssen. Die Entfremdung führte zu einer Entwurzelung, deren Ausmaß wir uns wahrscheinlich kaum vorstellen können. Die Kräuter wurden suspekt: Wer mit ihnen in Verbindung stand, stand mit dem Teufel im Bunde oder frönte dem Aberglauben.
Noch heute finden wir dieses Misstrauen. Menschen haben nicht mehr das Vertrauen in die oft so potenten Pflanzen, weil chemische Mittel schneller wirken, oder sie trauen sich nicht zu, diese selbst richtig anzuwenden. Andere hingegen romantisieren die Heilpflanzen und erwarten zu viel von ihnen, was auch eine gefährliche Einstellung sein kann, etwa bei schwerwiegenden Erkrankungen.
Da die Tradition unterbrochen ist, müssen wir uns heute meist selbst bemühen, uns das verlorengegangene Wissen wieder anzueignen. Zum Glück hat vieles im Verborgenen "überlebt" und wurde und wird neu zusammengetragen. Inzwischen ist es ein richtiges Modethema geworden, gemessen am Angebot der zahlreichen Kräuterbücher und -kurse. Gut so!
Für mich hat die Beschäftigung mit Heilkräutern eine zutiefst erdende Wirkung. Zunächst die Tätigkeiten, die mit Sammeln und Verarbeiten verbunden sind. Dann spüre ich, wie ich zu manchen Pflanzen eine tiefere Verbindung bekomme, was die Verbindung zur gesamten Natur stärkt. Zudem macht der Gebrauch von Heilpflanzen autark: Wir können uns erst einmal selbst versorgen und müssen nicht wegen jedem Bisschen Hilfe ersuchen. Und es fühlt sich so gut an, wieder Kontakt zu einer alten Tradition zu bekommen, die das Leben unserer Vorfahren einmal so stark geprägt hat – auch eine Form der Verwurzelung!
Und der wichtigste Punkt: Es macht einfach Freude! Selten hatte ich so viel Spaß beim Lernen wie in den Kräuterlehrgängen, die ich in der hiesigen Heilpflanzenschule "Phytaro" absolviert habe! Auch Kräuterführungen sind eine schöne Sache!
Bei allem Überschwang sollte man natürlich den Respekt vor den Heilpflanzen bewahren und sie und ihre Wirkungen wirklich gut kennen, bevor man sie für sich selbst nutzt!
4. Juni 2024
Unser Körper ist ein wahrer Schatz, der Schlüssel zu echter Spiritualität! Wenn wir ihn auf unserem spirituellen Weg nicht mitnehmen, verlieren wir uns schnell in höheren Ebenen – und damit auch die Bodenhaftung. Unser Körper hingegen verankert uns im Hier und Jetzt. Wir müssen ihn nur wieder richtig beleben, all seine Bereiche wahrnehmen und mit unserem Bewusstsein ausfüllen.
Er kann uns so viel erzählen! Von Dingen, die wir vergessen und verdrängt haben. Aber auch von Liebe und Freude, die tief unter allen Schichten sitzen und wie ein Schatz auf uns warten.
Und er ist weise! Leider hat man uns kaum gelehrt, ihm gut zuzuhören. Doch er kennt die Antworten auf unsere Fragen, wir müssen nur hinfühlen.
Aber wie können wir uns wieder an unseren Körper annähern?
Wir können damit beginnen, in ihn hineinzuspüren und ihn zu erkunden. Unsere Gefühle in ihm wahrnehmen und ihnen Raum geben. Auf seine Signale eingehen, auch wenn sie unangenehm sind - sie können uns ein wichtiger Wegweiser sein. Ihn um Vergebung für Missachtung bitten und ihn als unseren Partner anerkennen. Seine wahren Bedürfnisse erfassen. Ihn achtsam bewegen und in unsere Bewegungen Freude legen. Unsere Sinne einsetzen und bewusst wahrnehmen. Nicht mehr jedem Gedanken folgen, der uns aus ihm herausträgt.
EINFACH DASEIN!
27. Mai 2024
Nun blüht sie überall – die Königin der Blumen! Ich erinnere mich, dass ich als Kind nicht so viel mit diesem Ehrentitel anfangen konnte, hatten wir im Garten doch fast nur für mich kitschig anmutende Beetrosen. Andere Blumen erschienen mir viel schöner! Aber inzwischen hat die Rose auch bei mir einen Ehrenplatz eigenommen. Sie besticht mit ihrem majestätischen Wuchs (eigentlich ein Strauch!), den wunderschönen Blüten und dem betörenden Duft - wenn man denn die richtigen Sorten hat. In meinem Garten wachsen fast nur Historische und Wildrosen mit einem wunderbaren Duft.
Die Rose nimmt in Mythologie und Kulturgeschichte der meisten Länder einen besonderen Platz ein, meist steht sie für die Liebe. Auch für die universelle Liebe, so dass sie auch in den Religionen ein wichtiges Symbol darstellt. In der mystischen islamischen Tradition beispielsweise wird der Rosenduft der höchsten Entwicklungsstufe der Seele zugeordnet. Die Rose öffnet das Herz! Nach Ibn Sina (Avicenna), dem Erfinder der Wasserdampfdestillation, hat der Rosenduft eine positive Auswirkung auf Herz und Gehirn und spricht direkt die Seele an. Die moderne Aromatherapie bestätigt die mannigfaltige Wirkung des Rosendufts, der sich komplex aus Hunderten von Bestandteilen zusammensetzt. Das ätherische Öl wird in der Hautpflege, aber auch für verschiedenste körperliche Erkrankungen eingesetzt. Auf psychischer Ebene wirkt es ausgleichend bei Ängsten, Stress und Depressionen. Neben den ätherischen Ölen gibt es weitere heilsame Inhaltsstoffe wie Gerb- und Bitterstoffe, die sich besonders auf die Verdauung positiv auswirken. Nicht zu vergessen sind ihre Früchte, die Hagebutten, die uns im Herbst mit ihrem säuerlichen Geschmack und vielen Vitaminen erfreuen!
Mit Duftrosen lassen sich sehr schöne Sachen machen: Gelee, Sirup, Essig und Öl, Rosenzucker und -Salz, Rosenhonig, getrocknet als Tee und Potpourri und verschiedenste Kosmetik. Das ätherische Öl kauft man am besten ein, denn für ein paar Milliliter bedarf es bereits Kilos an Rosenblüten. Doch Rosenwasser lässt sich gut selbst destillieren. Zu beachten ist, die Blüten früh morgens zu ernten, bevor sich der Duft verflüchtigt.
Das wichtigste ist aber, die Rosenblüte mit allen Sinnen zu genießen – insbesondere mit der Nase! In vielen Städten gibt es Parks mit Rosarien, und ich freue mich sehr, ein großes Rosarium direkt in meiner Nähe zu haben!
20. Mai 2024
Insbesondere Schmerzen können uns aus der Erdung ziehen, wenn wir sie aufgrund der großen Belastung nicht mehr spüren möchten und aus dem Körperbewusstsein "aussteigen". Starke Schmerzmittel können dies noch verstärken. Vielleicht schränken wir zudem auch unsere Bewegung ein, die an sich einen erdenden Effekt hat. Oft geht es gar nicht anders. Aber dann sollten wir uns besonders um Erdung bemühen! Denn die Orientierung nach unten hin kann auch eine heilsame Öffnung mit sich bringen, so dass die Schmerzen ablaufen können. Wenn überall im Körper Blockaden herrschen, ist dies kaum möglich. Glücklicherweise können Erdungsübungen auch in der Vorstellung, ganz ohne körperliche Anstrengung, durchgeführt werden.
Was außerdem auf geistiger Ebene helfen kann:
Auf der geistigen Ebene ist sehr vieles möglich. Hier kann man endlos herumexperimentieren. Am besten geschieht dies intuitiv: die inneren Bilder kommen lassen und dann schauen, ob sie eine positive Wirkung haben. Sie speisen sich gerne aus unseren Erinnerungen oder den kollektiven Erfahrungsschätzen. Hier schlage ich nur einfache Bilder vor. Es lassen sich natürlich auch komplexe Geschichten einsetzen. Wichtig ist, dass der Schmerz weder ignoriert, noch verteufelt wird.
13. Mai 2024
Kennst du das? Du bist gut drauf, hast richtige Höhenflüge – und plötzlich kommt eine Erkältung angeflattert, die dich erst einmal ausbremst. In diesem Fall kann es sein, dass die Erkrankung die Funktion übernimmt, dich wieder auf die Erde zurückzubringen, falls du dich in deinem Überschwang und Aktionismus ein wenig von ihr entfernt haben solltest. Ein Zeichen, den Gang ein wenig zurückzufahren und gut auf dich und deine körperlichen und seelischen Bedürfnisse zu achten.
Krankheiten können uns aber auch aus unserer Erdung herausreißen, insbesondere wenn wir uns schwach fühlen und das Bett hüten müssen. Allein das ständige Liegen gibt uns das Gefühl, weniger aufrecht und stabil zu sein, so dass wir schnell den Kontakt zur Erde verlieren. Auch befinden wir uns dann mehr in der Gedanken- und Gefühlswelt als in der konkreten Welt der Dinge, die uns sonst verankert. Vielleicht mögen wir auch gar nicht in unseren Körper hineinspüren, weil er schmerzt oder sich unangenehm anfühlt. Medikamente können den Effekt noch verstärken, wenn sie unsere gewohnte Körperwahrnehmung beeinträchtigen.
Diese Form von fehlender Erdung ist nicht gleich bedenklich. Vielleicht hat das Abtauchen auf anderen Ebenen ja auch mal ganz gutgetan. Meist kehrt das Gefühl von Erdverbundenheit von allein wieder zurück, sobald wir uns wieder fitter fühlen.
Ansonsten ist es ratsam, sich der fehlenden Anbindung bewusst zu werden, sie zuzulassen (dann passiert meistens schon ganz viel!) und "erdende Maßnahmen" zu ergreifen:
6. Mai 2024
Eines der ersten religiösen Felder der Menschheit wurde durch den Schamanismus geprägt, in dem viele Kulturen ihre Wurzeln haben - auch die unsere. So liefert er auch die ältesten Symbole der Menschheit. Wir kennen sie aus der steinzeitlichen Höhlenmalerei, aus den alten Mythen und Märchen und selbstverständlich aus der schamanischen Praxis, die bei einigen Volksgruppen bis heute lebendig geblieben ist. Die Symbole stammen vor allem aus der Natur: Es geht um Tiere, Bäume und Pflanzen, um Mutter Erde und die Sterne und um des Menschen Beziehung zur Natur. Diese alten Symbole wirken oft sehr tief in uns und berühren uns, auch wenn wir verstandesmäßig keine Erklärung dafür finden. Sie scheinen in unserem Unterbewusstsein verankert, und wir reagieren immer noch auf sie. Beispielsweise löst die einfache, archaische Kunst alter Höhlenmalereien eine starke Faszination auf uns aus. Und wir verbinden auch heute noch einzelne Tiere mit bestimmten Eigenschaften und Qualitäten (die manchmal allerdings auch durch neuere Bilder überlagert sind). Und wir haben immer noch ein Gespür für die Wirkung von Bäumen, von den Elementen usw.
Nun ist die Frage, warum diese alten Symbole solch eine starke Wirkkraft haben, die sich über Zehntausende von Jahren erstreckt. Liegt es daran, dass Menschen diese Symbole geprägt und "aufgeladen" haben? Die Schamanen*innen selbst würden eine andere Antwort geben: Für sie ist es die Natur selbst, die die Menschen in ihre Geheimnisse eingeweiht hat. Die Pflanzen haben ihnen ihre Heilqualitäten enthüllt, die Tiere haben sie in ihre besonderen Eigenschaften eingeweiht, die Elemente lassen sie an ihren Kräften teilhaben. Die Schamanen sehen eine geistige Verbindung zwischen Natur und Mensch, denn für sie sind alle Elemente der Natur lebendig. Wenn Symbole aus der Natur eine starke Wirkung haben, dann weil die Natur selbst ihren Eindruck im Menschen hinterlassen hat, oder anders formuliert: weil Natur und Menschen auf diesem Weg miteinander kommunizieren. Und der Mensch hat schließlich eine so lange Zeit in und mit der Natur gelebt, dass die letzten Jahrtausende menschlicher Entwicklung nur einen kurzer Wimpernschlag in der Geschichte bedeuten.
Von daher gesehen ist es kein Wunder, dass dieses Wissen noch tief in uns gespeichert ist und uns sogar heute noch für heilende Zwecke zur Verfügung stehen kann. Wir müssen dafür nicht Schaman*innen werden (die komplizierten Rituale passen auch wenig in unseren Alltag). Die heilsamen Bilder und Kräfte können wir auch durch einen tieferen Kontakt mit der Natur, durch Meditation und innere Reisen erlangen. Oder wir orientieren uns einfach an den Dingen, die uns in der Außenwelt ansprechen. Wenn uns ein Baum besonders fasziniert, können wir seine Nähe suchen und ihn auf uns einwirken lassen. Vielleicht finden wir heraus, wofür er steht und was er uns sagen könnte. Wir können ein Bild von ihm malen, seine Früchte mit nach Hause nehmen, ihn als geistige "Vorlage" nehmen, wenn wir eine Erdungsübung machen usw. Vielleicht begleitet er uns eine Zeitlang, bis ein anderes Phänomen unsere Aufmerksamkeit erregt. Vielleicht ist es diesmal ein besonderer Stein. Oder wir begegnen eine Zeitlang immer wieder dem gleichen Tier. Oder wir empfinden plötzlich eine besondere Affinität zu Feuer. Sicherlich können wir von allen Elementen des Kosmos lernen! Die Frage ist, welches uns im momentanen Augenblick besonders weiterhilft. Und dafür ist Intuition gefragt. Hier helfen uns keine intellektuellen Vermutungen oder Einordnungen ("Mein Sternzeichen entspricht Stein Soundso"), sondern hierfür müssen wir unserem Interesse, unserer Freude folgen! Voraussetzung ist aber erst einmal, die Natur überhaupt wieder mehr wahrzunehmen!
29. April 2024
Endlich haben wir ein paar warme und trockene Tage – beste Zeit, um Heilpflanzen zu ernten! Denn vor der Ernte sollte es einige Zeit nicht geregnet haben, sonst "verwässern" die Wirkstoffe. Für Wildpflanzen zum Verzehr ist das weniger bedeutsam, aber wenn wir Pflanzen für Heilzwecke nutzen wollen, geht es uns genau um diese Stoffe.
Der beste Zeitpunkt für die Ernte ist morgens, wenn der Tau schon abgetrocknet ist, die Pflanze also nicht mehr feucht ist. Wenn es um die ätherischen Öle der Pflanzen geht (also alles was duftet), sollte die Sonne sie gerade so herauskitzeln. Wenn wir zu lange warten, haben sie sich bereits verflüchtigt. Bei anderen Wirkstoffen ist es ähnlich. Es gibt wenig Ausnahmen wie Pflanzen, die viel Nitrat enthalten können wie Brennnessel; diese sammeln wir besser später am Tag.
Jetzt können noch alle Heilpflanzen geerntet werden, die relativ junge Blätter besitzen wie Brennnessel, Giersch, Spitzwegerich, Gundermann, Löwenzahn, Bärlauch (fast schon ein bisschen spät), Birkenblätter, Gänsefingerkraut, Lungenkraut, Waldmeister,
Blüten von Wiesenschaumkraut, Gänseblümchen, Weißdorn, Schlüsselblumen, Löwenzahn (wo sie noch blühen) und bald Holunderblüten,
und bald auch schon Mittelmeerkräuter wie Oregano, Rosmarin, Salbei, Thymian, Ysop, Wermut…
Heilkräuter können wir für Tees trocknen, in Alkohol (Tinktur), Essig, Öl oder Honig einlegen oder zu Sirup verarbeiten (z.B. Spitzwegerich und Thymian für Hustensirup). Für Tinkturen ein Glas zu 2/3 mit frischen kleingeschnittenen Kräutern füllen und mit ca. 40%-igem Alkohol (Wodka, Korn) auffüllen, vier Wochen an einem kühlen, schattigen Ort stehen lassen und jeden Tag durchschütteln. Dann abseien - fertig ist die Tinktur! Es ist ein schönes Gefühl, eigene Hausmittelchen herzustellen!
Bitte beachtet, dass der Wirkstoffgehalt bei eigener Herstellung nicht so zuverlässig gegeben ist wie in Tinkturen aus der Apotheke. Und informiert euch vorher gut über die Pflanzen, ihre Verträglichkeit und ihre Wirkweise!
"Wenn wir Wasser trinken, wissen wir, dass dieses Wasser als Geschenk der Erde zu uns kommt. Wenn wir atmen, wissen wir, dass die Luft ein Geschenk unserer Mutter ist. Wenn wir essen, wissen wir, dass unsere Nahrung ebenfalls ein Geschenk von Mutter Erde ist. Mit diesem Bewusstsein wird es für uns ganz natürlich, unserem Planeten mit Ehrerbietung zu begegnen."
Thich Nhat Hanh: Liebesbrief an die Erde
16. April 2024
Symbole können neben ihren kognitiven und emotionalen Zwecken auch noch andere Funktionen erfüllen. Manchmal repräsentieren sie nicht nur eine bestimmte Qualität, sondern SIND diese Qualität. Das ist dann der Fall, wenn sie von vielen Menschen benutzt werden und förmlich mit deren Energie und Kraft "aufgeladen" sind. Wissenschaftler wie der Biologe Rupert Sheldrake erklären dieses Phänomen damit, dass durch die vermehrte Beschäftigung ein sogenanntes morphogenetisches Feld geschaffen wird. Wer sich mit dem Symbol beschäftigt, klinkt sich in dieses Feld ein und nimmt an der Kraft teil. (Sheldrake hat ursprünglich zu Tieren geforscht, seine Theorien dann auf die menschliche Welt übertragen).
Ein Beispiel hierfür wäre das Gebet: Wenn sehr viele Menschen die immer gleichen Worte in einer bestimmten Ausrichtung sprechen, werden die Worte mit dieser Kraft aufgeladen. Wer das Gebet spricht, verbindet sich mit dem Feld. Auf diese Weise könnte man die Wirksamkeit von ganzen Ritualen erklären – und deren konservativen Charakter: Erst die ständigen Wiederholungen machen das Ritual kraftvoll. Das gilt auch, wenn man das Ritual eigentlich gar nicht versteht, denn es geht hier nicht um kognitive Inhalte. Im Gegenteil funktionieren die Rituale vermutlich umso besser, je mehr der Verstand ausgeschaltet ist.
Während meiner Forschung zu spirituellen Heilern in Syrien konnte ich öfter mal an Ritualen teilnehmen oder sie beobachten. Oft habe ich weder die Worte noch den Sinn verstanden - und konnte doch eine unheimlich starke Atmosphäre verspüren. Ähnlich ergeht es uns manchmal an als heilig erachteten Stätten, die uns fremd sind: Wir spüren eine bestimmte Kraft, auch wenn wir mit der Religion oder dem Kultus nicht vertraut sind. Ein weiteres Beispiel für die Erschaffung eines Felds ist meine ehemalige Meditationsgruppe: Wir trafen uns über Jahre hinweg zum Meditieren, und während es uns anfangs sehr schwerfiel, uns auf die Meditation einzustimmen, gelang es uns mit den Jahren immer schneller. Kaum saßen wir zusammen, gelangten wir in einen meditativen Zustand (auch wenn unser Lehrer wenig Wert auf eigentliche Rituale legte.) Auch erschien uns der Zugang allein zu Hause viel schwerer ohne diese tragende Gruppenatmosphäre. Allerdings kann ich mich jetzt noch in das Feld einstimmen, wenn ich mich darauf konzentriere oder bestimmte Übungen mache. Das Feld scheint unabhängig von Raum und Zeit zu existieren. (Sheldrake weist auch auf Parallelen zur Quantenphysik hin.)
Ganz sicher hast du auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht. Solche alten Felder kann man natürlich prima für sich nutzen. (Natürlich wurden sie auch hier und da missbraucht!) Heutzutage ist es allerdings ein bisschen schwierig mit den Ritualen. Wer einem bestimmten Ritus folgt, ist hier klar im Vorteil. Aber mir persönlich kommt es komisch vor, mich sozusagen künstlich in einen alten Ritus einzustimmen, egal welcher Richtung. Außerdem habe ich das Gefühl, dass ich die Erfahrungen der Menschen, die von Kindheit an mit ihm vertraut sind, nie einholen könnte.
Von daher gehe ich den umgekehrten Weg: Ich beobachte, was schon in mir ist bzw. was mich im Außen anspricht, und folge diesen Impulsen. Ich suche mir die Symbole und Rituale, zu denen ich mich stark hingezogen fühle oder die sich aus mir selbst heraus ergeben. Wenn ich mich öfter in sie hineinbegebe, habe ich ebenfalls das Gefühl, dass ein Feld entsteht und sie immer zugänglicher werden – oder ich mich vielleicht sogar an ein Feld anschließe, dass schon lange existiert. Experimentiere mal damit!
10. April 2024
Ein sehr interessanter Zweig der Ethnomedizin ist die Erforschung, wie Symbole auf uns Menschen einwirken können. Unter Symbolen verstehen wir Sinnbilder und Zeichen, die für eine Sache, eine Idee oder auch für komplexe Systeme stehen können. Unser Alltag ist voll von solchen Symbolen profaner oder auch weltanschaulicher Art. Meist beruhen sie auf geteilten Konventionen, jedoch können wir letztendlich alles mit einer Bedeutung anfüllen und als Symbol für uns nutzen.
Die Religionen und spirituellen Systeme machen sich Symbole zunutze, um ihre Wahrheiten in einfacher Weise auszudrücken. Statt langer Texte oder Erklärungen reicht das Symbol - und die Eingeweihten wissen, worum es geht. Symbole haben aber nicht nur eine kognitive Funktion, sondern Menschen haben schon früh erkannt, dass sie auch auf unsere Emotionen und darüber sogar auf unseren Körper einwirken können. Dafür müssen sie mit emotionalen Botschaften aufgeladen sein, die dem Adressaten bereits vertraut sind oder die durch ihre starke Symbolkraft für sich sprechen.
Im Christentum kennen wir beispielsweise Kreuz, Fisch, Taube, im Islam die stilisierte Allah-Kalligraphie, die Mondsichel, im Buddhismus das Dharmarad, die Lotusblume, im Hinduismus das Zeichen für Aum, in spirituellen Kontexten die Blume des Lebens, auf säkularer Ebene das Peace-Zeichen usw. Die Menschen, die mit diesen Symbolen vertraut sind, werden tief von ihnen berührt, und diese Emotionen wirken sich wiederum auf die physiologischen Prozesse des Körpers aus. Die Ethnomedizin kennt für solche Prozesse den Begriff Symbolisches Heilen. (Die genauen physiologischen Vorgänge erforschen Gehirnforschung, Neuroimmunologie, Psychosomatik, Placebo-Effekt-Forschung und andere Disziplinen.) Auch ohne wissenschaftliche Erkenntnisse lässt sich leicht überprüfen, dass wir auf die Darstellung einer Friedenstaube anders reagieren als auf das Symbol drohender Fäuste. Wer sehr sensitiv ist, spürt die Wahrnehmung sogar direkt im Körper.
Dieses Phänomen wurde in den Kulturen schon immer auch für Heilzwecke benutzt, für körperliche wie für seelische Leiden (was sowieso nicht so genau unterschieden wurde wie bei uns). Und auch wir können bewusst davon Gebrauch machen. In Bezug auf das Thema Erdung eignen sich natürlich Symbole, die wir mit positiver Erdkraft in Verbindung bringen. Allen voran der Baum, da er ähnlich aufrecht wie der Mensch steht, dazu aber auch über konkrete Wurzeln verfügt. Auch Berge erinnern uns an die stabilisierende Kraft der Erde. Als weltliche Symbole können z.B. der Anker, die feststehende Säule und der Thron dienen. Als Material kommt natürlich Erde in Frage, Stein, Metalle oder Holz. Auch Farben können als Symbol dienen, da sie verschiedene Qualitäten widerspiegeln. Hier wäre das die Palette von Schwarz, Erdtönen, Rot bis zu Orange. Im Tierreich vertreten große und schwere Tiere wie Büffel, Stiere und Bären sowie Tiere, die sich auf oder in der Erde bewegen wie Schlangen, erdende Qualitäten. All dies sind eher stereotype Bilder, am wirksamsten sind natürlich Symbole, die wir selbst nachempfinden können, und diese können sehr individuell sein. Mach dich doch einmal auf die Suche nach Symbolen, die auf dich besonderes erdend wirken! Welche sind das?
Die Symbole können wir unterschiedlich einsetzen: Wir können den konkreten Kontakt suchen (uns an einen Baum lehnen), symbolische Darstellungen oder Geschriebenes nutzen (Bilder, Skulpturen, Bücher) oder auch mit inneren Vorstellungen arbeiten (Vorstellung eines Symbols, Fantasiereisen). Auch Worte können starke Symbolkraft haben: Ich habe schon einmal beschrieben, wie stark die Worte "danke, Erde" wirken, wenn wir sie bei jedem Auftreten aussprechen.
Symbole wirken den ganzen Tag auf uns ein. Warum also nicht bewusst auf Symbole setzen, die uns Heilung und Erdung (oder Liebe oder Freude oder Hoffnung oder was wir sonst so brauchen) bringen?
4. April 2024
Kennt ihr das auch? Man steht morgens auf und hat das Gefühl, gar keinen festen Grund unter den Beinen zu fühlen? Die Beine schmerzen, manchmal der ganze Körper. Vielleicht hat man ungünstig gelegen oder ist einfach generell zu verspannt und der Schlaf hat es nicht kompensieren können. Frauen haben auch hormonell bedingt schnell Blockaden in den Beinen, insbesondere an den Innenflächen der Oberschenkel. Wenn meine japanische Freundin, die traditionelle Heilmassage macht, in diese Bereiche drückt, tut es oft schreiend weh. Und wer in den Wechseljahren ist, hat vielleicht die Erfahrung gemacht, dass Muskel- und Gelenkschmerzen gehäuft und scheinbar grundlos auftauchen.
Fest steht: Mit Blockaden in den Beinen fühlt man sich nicht geerdet! Man mag sich schwer fühlen, steht aber nicht wirklich stabil auf den Beinen. Wie kann man mit diesem Zustand umgehen?
Als erstes hilft Akzeptanz: "So ist mein Zustand jetzt und das ist okay so" - oft fühlt man sich dann gleich schon "runder" an. Die Energien verteilen sich und man bekommt automatisch eine bessere Verbindung nach unten.
Zudem können physische Maßnahmen helfen, um die Blockaden zu lösen, beispielsweise eine heiße Dusche oder ein Bad. Oder eine Massage der Beine mit muskelentspannenden Ölen wie Rotöl (Ölauszug aus Johanniskraut) oder Lavendelöl. Ätherische Öle wie Wintergreen, Rosmarin, Lavendel oder Wacholder unterstützen die Wirkung noch. Die Beine kann man sich auch gut selbst massieren. Oder einfach abklopfen.
Dann hilft natürlich Bewegung – auch wenn sie erst einmal schwerfällt. Leichte Hausarbeit oder ein kleiner Spaziergang können Wunder bewirken. Dabei sollte man bei jedem Schritt auf die Verbindung zur Erde achten. Alternativ helfen sanfte Dehn- und Lockerungsübungen. Ich mag gerne Qi Gong oder Tai Chi. Zwar werden die Beine nicht direkt trainiert, aber durch den festen Stand und die Drehungen werden sie sanft mitbehandelt.
Neben diesen konkreten Übungen können auch Erdungsübungen hilfreich sein. Zunächst einmal kann man bei jedem Schritt oder jedem Hinsetzen erneut den Erdkontakt suchen. Dann gibt es spezielle Übungen, mit denen sich Blockaden lösen lassen. Hier eine Übung im Sitzen oder Stehen:
֍ Verbinde dich mit der Erde, indem du in die Erde hineinspürst und Wurzeln aus deinen Fußsohlen wachsen lässt. Atme durch diese Wurzeln in die Füße ein. Im Einatmen saugst du die kraftvolle Erdenergie ein, beim Ausatmen lässt du sie alles mitnehmen, was sich lösen möchte. In der Erde verwandelt sich dies wieder in frische Erdenergie. Atme diese wieder ein und wiederhole das ganze ein paarmal. Du kannst dir die Energie auch wie einen flüssigen Heilelixier vorstellen. Atme dann bis zu den Waden ein. Fühle, wie sich deine Verspannungen lösen, und lass sie abfließen. Atme nun zu den Knien. Hier befindet sich eine echte Staustufe. Lasse deine Knie von der reinen Atemkraft reinigen und gib immer mehr nach. Atme dann bis in die Oberschenkel und lasse alle Verspannungen los. Denke besonders an die Innenseiten. Der nächste Bereich ist das Becken. Spüre, wie die Erdenergie dein Becken ausfüllt und alle Bereiche durchdringt. Vergiss nicht deine Sitzhöcker und das Steißbein. Schließlich gelangt die Erdkraft bis zu den Hüften und reinigt diese. Gib immer weiter nach.
Spüre nun, wie du in einer Schale von Energie sitzt oder stehst und genieße das Gefühl von Geborgenheit!
֍ Wenn dir diese Vorstellung schwer fällt, versuche es mit zwei hübschen kleinen Schlangen, die sich liebevoll ihren Weg durch deinen Körper bahnen und ihn reinigen: Sie beginnen in den Füßen, umkreisen die Fußknöchel auf beiden Seiten, schlängeln sich weiter durch die Unterbeine, umkringeln die Knie, wandern weiter durch die Oberbeine auf beiden Seiten bis zum Becken und in die Leisten hinauf. Auf ihrem Weg säubern sie alle Bahnen und Verbindungen, so dass alles wieder ins Fließen gerät.
1. April 2024
Letzte Woche konnte ich eine interessante, wenn auch sehr schmerzhafte Erfahrung machen: Schon die ganze Zeit kämpfte ich mit Blockaden im Nacken, und dann krachte im Urlaub auch noch die Liege unter mir zusammen! Ich knallte ungebremst mit dem Rücken auf den Steinboden, und es gab sofort wieder einen tüchtigen Stoß in den Nacken!
Meine Freundin vor Ort vermittelte eine Behandlung bei einer Cranio-Sacral-Therapeutin. Diese war sehr einfühlsam und behutsam. Nach einer Zeit des Einfühlens legte sie mir die Hände unter den Rücken, genau an die Stelle, die auf den Boden geknallt war. Da kamen mir gleich die Tränen - nicht weil es so wehtat, sondern es waren genau die Tränen, die ich unterdrückt hatte, als der "Unfall" passiert war. Denn statt behutsam hinzufühlen und mich selbst zu trösten, geriet ich eher in ein inneres Gefühl der Ablehnung: "Was soll das denn jetzt? Ich möchte doch schön Urlaub machen! Naja, so schlimm wird es schon nicht sein…" Ich hatte die ganze Sache erst einmal gar nicht so ernst genommen. Der folgende Schmerz ließ sich allerdings kaum ignorieren.
Durch den liebevollen Druck der Hände kam dann wieder Leben in den Rücken: Ich spürte, wie ich mich immer mehr entspannte und innerlich niederließ. Denn genau das war passiert: Ich hatte die Erdverbindung verloren, zumindest in diesem Bereich. Nun war es eine Wohltat, sie wieder zuzulassen. Und es ging noch weiter: Wellen in die Brust bis in den Kopf hinauf, ganz viel wollte sich auflösen. Und wie toll die Therapeutin das alles zuließ und immer nur wieder behutsam nachfragte!
Plötzlich tauchten alte Bilder auf, wie ich ebenfalls auf dem Rücken lag und eine Welt unter mir zusammenbrach. Ich nehme an, das waren ganz alte Erfahrungen aus meiner Zeit als Kleinkind – und sie durften gleich mitgehen. Die Heilung ging wie in Wellen durch meinen Körper und nahm vieles mit, zum Schluss sogar die Blockaden, die ich in letzter Zeit in den Beinen fühlte. Ich fühlte mich so unglaublich befreit, dass ich hinterher richtig euphorisch war. Und richtig gut geerdet!
Bei dieser Erfahrung finde ich zwei besonders interessant:
1. Die spezielle Aufmerksamkeit auf den Bereich, der die schmerzliche Erfahrung gemacht hat: Dazu sagte die Therapeutin, es sei wichtig, den Schock aus dem Körper zu holen, einfach durch liebevolle Aufmerksamkeit und Berührung. Dies führe dazu, dass der Bereich sich wieder erde (das hat sie wirklich so gesagt – ohne mein spezielles Interesse an diesem Thema zu kennen!) – und genau so hatte es sich auch angefühlt.
Bei meiner Kindheitserinnerung waren die Erwachsenen selbst in Panik, so dass das Trösten nicht wirklich ankam. Im Gegenteil hatte ich die Angst der anderen eher mit aufgenommen. Diese Erfahrung legt ein besonnenes Verhalten nach Unfällen nahe: im Umgang mit Kindern und erwachsenen verletzten Menschen, aber auch uns selbst gegenüber. Hier bin ich nicht immer gut mit mir umgegangen: Bei meinen Unfällen war ich eher "tapfer" und habe den Schmerz und Schock gar nicht richtig zugelassen, immer erst als er massiv durch den Körper zog. So konnte der Schockmoment nicht "geheilt" werden und verblieb.
2. Die andere interessante Erfahrung liegt in der Erkenntnis, dass manchmal erst so blöde Sachen wie zusammenkrachende Liegen passieren müssen, damit wir an die ganz alten Geschichten herankommen. Auch wenn ich schon tief in meine Innenwelt und diverse Traumata getaucht war, konnte ich dieses bisher nicht lösen. Traumata sind tief im Körper abgespeichert. Vieles kann sich durch Entspannungsmethoden, Meditation und therapeutische Arbeit lösen, aber manches dann einfacher auf physischer Ebene. Mit dem Schmerz verbunden waren auch Emotionen: ein uralter Schrecken, Angst und fast so etwas wie Schuldgefühle, eine ganze Palette negativer Gefühle jedenfalls. Und das Gefühl, der Erde nicht mehr so ganz trauen zu können. Das sind genau die Erfahrungen, die uns aus der Erdverbundenheit ziehen!
24. März 2024
Jeden Tag beim Zeitunglesen rege ich mich auf. Warum ist die Menschheit in diesem territorialen Denken stehengeblieben? "Wer ist der Stärkere? Wie kann ich mich am besten durchsetzen und wie zurückschlagen, wenn ich mich bedroht fühle?" Kindergartendenken! Meine Aufregung ist verständlich, bin ich doch in den 80er Jahren aufgewachsen mit Friedensforschung und ganz viel Hoffnung, dass Herz und Vernunft diesem Spuk irgendwann ein Ende bereiten werden. Heute hingegen sieht es fast schlimmer aus denn je.
Aber letztendlich ist es leicht, sich über die allzu durchschaubaren Reaktionen einzelner Länder oder Politiker zu mokieren - die Putins dieser Welt bieten da sehr viel Angriffsfläche. Interessanter ist die Frage, wie es bei mir selbst aussieht: Wieviel Putin und Co. steckt in mir? Bestimmt bin ich nicht offen gewalttätig, aber was ist mit meiner Haltung? Bin ich da nicht auch schon mal übergriffig, wenn ich meine, andere Menschen bewerten zu müssen? Wenn ich anderen Schlechtes unterstelle oder mir ein Urteil über sie erlaube? Oder wenn ich mich allzu schnell angegriffen fühle, was letztlich zu Gegenreaktionen führt?
Und wenn es nicht unbedingt die anderen sind: Was ist mit mir selbst? Behandele ich mich immer liebevoll? Tue ich mir nie Gewalt an, in meinem Handeln oder auch in meinen Urteilen über mich selbst? Erlaube ich mir, in Frieden und Liebe zu leben? Wie sieht es mit meinen Kreisläufen aus Angst, Ohnmacht und Wut aus? Bin ich da nicht ebenso gefangen wie die Menschen, die die großen Geschehnisse prägen?
Letztendlich dienen uns die äußeren Dramen immer wieder als Fingerzeig: Was im Außen passiert, findet fast täglich auch auf der inneren Bühne statt – zumindest bei den meisten Menschen.
Dies bringt uns zu der Schlussfolgerung: Wenn ich anfange, meine eigenen Angelegenheiten zu regeln und bei mir selbst aufzuräumen, trage ich ein großes Stück zum allgemeinen Frieden bei. Oder: Es kann nur friedlicher werden, wenn jede*r Einzelne bei sich beginnt (was nicht bedeuten muss, dass man im Außen passiv bleiben muss). Das ist keine neue Erkenntnis, aber ich glaube, sie ist heute wichtiger denn je. Sie gibt uns unsere Freiheit und Selbstermächtigung angesichts einer schwierigen Weltlage zurück. Ich bin fest davon überzeugt, dass jedes einzelne Mal,
wenn ich mich überwinde und nicht im angelernten Stil negativ reagiere, wenn ich mir eine fiese Bemerkung untersage, wenn ich bewusst auf ein Drama verzichte, wenn ich einen schlechten Gedanken in Liebe auflöse, wenn ich meine negativen Gefühle transformiere, kurz: meine Brille der Liebe aufsetze, anstatt in den inneren und äußeren Kampf zu ziehen - ich die Welt ein kleines bisschen besser mache.
Ich persönlich glaube nicht an Verschwörungstheorien. Aber ich sehe im gegenwärtigen Zeitgeist toxische Strömungen, die uns ein lähmendes Gefühl der Ohnmacht vermitteln und uns suggerieren, dass wir sowieso keinerlei Einfluss haben und dann auch gleich alles egal ist. Ein solches Empfinden zeugt von Trennung. Und da sind wir wieder bei der Erdung: Wenn wir mit der Erde, mit der Natur, mit dem Kosmos, mit uns selbst in Verbindung stehen, können wir diese Illusion überwinden. Alles ist mit allem verbunden, und jede noch so kleine Regung zählt!
16. März 2024
Jedes Jahr ist es wieder ein Wunder! Wie alles aus der Erde schießt und erblüht! Die Natur hat solch eine starke Kraft! Das finde ich immer wieder überwältigend – und beruhigend! Natürlich soll dies nicht bedeuten, all die bestehenden Umweltprobleme zu ignorieren oder sich gar auf der Regenerationskraft der Natur auszuruhen. Aber es tut auch gut, sie nicht immer nur als Patientin wahrzunehmen, sondern sie in ihrer ganzen Strahlkraft und Schönheit zu bewundern. Wenn wir diese nicht mehr sehen können, wissen wir auch nicht, wofür wir eigentlich eintreten wollen - und unser Engagement wird zum Selbstzweck. Wenn wir nur noch von einem schlechten Gewissen getrieben werden, entfernt uns das eher von der Natur. Selbstverständlich ist dieses Gewissen nicht verkehrt – der Mensch hat in seiner Ignoranz und Überheblichkeit riesigen Schaden angerichtet, das steht außer Frage. Aber wenn wir unsere Schuldgefühle nicht auflösen und etwas Gutes daraus erwachsen lassen, stehen sie wie eine Mauer zwischen uns.
Wir kennen das vielleicht von menschlichen Beziehungen: Wenn wir einem Menschen gegenüber starke Schuldgefühle haben und diese nicht auflösen, reagieren wir irgendwann einmal negativ auf ihn. Außerdem können wir ihn gar nicht mehr so wahrnehmen, wie er eigentlich ist, denn wir sehen ihn immer nur durch die Brille unserer Schuldgefühle. Manchmal verstecken wir uns sogar hinter diesen Schuldgefühlen und hegen und pflegen sie. Das ist weder in Bezug auf Menschen noch in Bezug auf die Natur förderlich. Manchmal bauen wir auch Ersatzgefühle auf, die weit entfernt von der Wirklichkeit sind. Besser wir stellen uns den Schuldgefühlen, auch der Wut und dem ganzen Schmerz, der mit ihnen verbunden ist, und beginnen, uns wieder der Natur anzunähern. Dann können wir sie in ihrer ganzen Schönheit genießen und neues Vertrauen aufbauen. Ohne positive Gefühle können wir nämlich nichts Positives bewirken, egal wie "korrekt" unsere Haltung ist. Ohne Liebe und Vertrauen bleiben wir im Zustand der Entfremdung. Und ich bin überzeugt, dass die Natur sich freut, wieder wahrgenommen zu werden, in ihrer Zerbrechlichkeit, aber auch in ihrer immensen Kraft! Diese zeigt sich uns Tag für Tag in dieser schönen Zeit – wir müssen uns nur die Zeit nehmen, sie auf uns wirken zu lassen!
9. März 2024
Wieder einmal habe ich das wunderschöne Büchlein "Liebesbrief an die Erde" von Thich Nhat Hanh hervorgeholt. Leider hatte ich es erst entdeckt, als mein Buch schon fast abgeschlossen war, so dass ich nur noch ein paar Zitate einbauen konnte. Sein Büchlein scheint nicht so populär zu sein, sonst wäre ich sicher schon früher darauf gestoßen, da ich fast alle seine Bücher gelesen habe und ihn sehr verehre. Vielleicht weil es so ungewöhnlich ist und so wenig zu den spirituellen Lehren passt, die im Buddhismus und auch sonst wo verbreitet sind. Seine Verehrung der Erde hat schon fast einen schamanistischen Anklang:
Für Thich Nhat Hanh ist die Erde ein belebtes Wesen, die große Schöpferin, die diese wunderschöne Natur und auch uns Menschen hervorgebracht hat. Sie ist die Große Mutter, die uns mit allem versorgt, was wir zum Leben benötigen. Darüber hinaus ist sie auch eine Trösterin, an die wir unser Leid herantragen können. Sie vermag all unsere Schmerzen zu heilen, wir müssen uns nur an sie wenden. Durch unsere Zuwendung profitieren aber nicht nur wir Menschen, sondern auch die Natur und die Erde selbst. Hier sieht Thich Nhat Hanh gar den einzigen Schlüssel zu unser aller Rettung – die unsere wie auch die der Erde. Er schlägt vor, unsere Sichtweise auf die Erde zu ändern, wenn wir sie retten wollen.
An manchen Stellen sagt er ganz deutlich, dass das Göttliche in der Erde und allem, was auf ihr lebt, liegt. Dass wir keine Vorstellungen von einer fernen Gottheit brauchen. Wir müssen nicht außerhalb suchen, wir befinden uns bereits im Himmel auf Erden. Die Erde trägt alles in sich, den ganzen Kosmos. Alles ist bereits hier, wir müssen es nur erkennen, dann finden wir Frieden, Befreiung und Erleuchtung. Die Beziehung zur Erde sieht er durchaus wechselseitig: Auch die Erde vertraut sich uns an. Mehr noch: Im Grunde sind wir eins, wir sind die Erde, und die Erde ist eins mit uns.
Thich Nhat Hanh empfiehlt Atemübungen und Gehmeditation, um unser Bewusstsein der Erde gegenüber zu erweitern. Aber auch Achtsamkeit im Umgang mit all ihren Kindern, Freude und Bewunderung. Seine Beschreibung erinnert an die Wahrnehmung eines kleinen Kindes, das die Welt voller Staunen und Entzücken betrachtet. In seinen Augen ist es eine große Freude, auf diesem schönen Planeten leben zu dürfen, die wir in jedem Augenblick genießen sollten. In unserem Erkennen, in unserer Verbindung zu einzelnen ihrer Elemente, im "Intersein", wie Thich Nhat Hanh es nennt, sieht er den Schlüssel zur Erleuchtung, zur Befreiung.
Mich erstaunen und rühren seine Gedanken und seine einfache poetische Sprache sehr. Es gibt wenig spirituelle Führer, die sich so klar zu ihrer Beziehung zur Erde äußern - außer jenen, die aus indigenen Kulturen stammen, in denen die Erde traditionell eine wichtige Rolle einnimmt.
Da das Buch so wunderschöne Passagen enthält, möchte ich von Zeit zu Zeit Zitate posten.
2. März
Als ich heute in den Garten kam, erwartete mich eine Überraschung: Die ersten Wildkräuter kommen schon aus der Erde! Außergewöhnlich früh dieses Jahr! Die verschiedenen Sauerampfersorten zeigen schon ansehnlich große Blätter, der erste Giersch schiebt sich mit zarten Blättchen aus der Erde (im Frühjahr kann ich mich noch über ihn freuen), der Löwenzahn treibt frisch aus, die ersten Brennnesselblätter sind auch schon da, und die Blätter von Gänseblümchen und Pimpinelle lassen sich sowieso das ganze Jahr über ernten – genug für ein feines Kräutersüppchen!
Dieses koche ich mit Kartoffeln und Zwiebeln, Gemüsebrühe und Sahne. Hier kann man gar nichts falsch machen – vorausgesetzt man kennt die Kräuter gut! Obendrauf noch angebratene Pilze, Petersilie und der erste Schnittlauch – lecker!
Kräuterkundige sagen, die Kräuter kämen immer passend zu unseren Bedürfnissen. Im Frühjahr braucht unser Körper nach der langen Winterzeit viele Vitamine – und die zarten Triebe sind voll davon! Außerdem eignen sich die oben genannten ersten Kräuter auch, um den Körper zu entschlacken, das heißt, sie wirken auf Nieren, Leber und Blase. Man spricht auch von "blutreinigender" Wirkung.
Deshalb ist es im Frühling sinnvoll, Wildkräuter in die Nahrung zu integrieren – in allen Formen: gekocht, gebraten, als Smoothie oder über Brot und den Salat geschnippelt. Dabei kann man langsam beginnen, damit das Verdauungssystem nicht überfordert wird, vor allem bei rohem Verzehr.
Viele Frühjahrskräuter wachsen sozusagen an jeder Ecke. Sicherer ist natürlich, sie im Garten oder einen anderen geschützten Ort oder mitten in der Natur zu sammeln, zumindest wenn man sie gut erkennt. Die Ernte hat auch eine psychologische Wirkung: Die frühen Kräuter wirken so vital, dass man den Wunsch verspürt, ein bisschen von der Grünkraft möge auf einen selbst übergehen. Und sie sind ein Symbol dafür, dass die Natur nun langsam wiederaufersteht! Endlich!!
25. Februar 2024
Beim letzten Mal habe ich über die erdende Wirkung geschrieben, sich mit der umliegenden Natur vertraut zu machen. Nun habe ich mal eine Bestandsaufnahme über die Natur in meinem Wohnumfeld gemacht, insbesondere über die Tiere. Ich lebe mitten in einer Großstadt (in einer kleinen grünen Oase) und finde es immer wieder erstaunlich, hier solch eine Vielfalt anzutreffen!
Fangen wir mit den Vögeln an: In dem Wäldchen hinter unserem Haus brütet regelmäßig ein Bussardpärchen, das hier gerne – verfolgt von mutigen Krähen – seine Kreise zieht. Im Sommer kann der Nachwuchs mit seinem endlosen unmelodiösen Krächzen ganz schön nerven! Dann gibt es Waldkäuze, die man zu bestimmten Jahreszeiten gut hört, aber leider nie zu Gesicht bekommt. Ab und zu lauert ein Habicht auf einem hohen Baum. Die Spechte (Bunt- und Grün-) hört man beim Klopfen und lauten Auffliegen. Natürlich gibt es auch Tauben, die sich sehr interessant aufteilen: Die typischen Stadttauben haben den Innenhof übernommen, die natürlich vorkommenden Ringeltauben die andere Seite des Hauses zum Wäldchen hin – und nie habe ich es einmal umgekehrt gesehen! Dann gibt es noch jede Menge Blau- und Kohlmeisen, im Garten manchmal sogar Schwanzmeisen, Amseln, Singdrosseln (herrlicher Gesang!), Rotkehlchen, Dorngrasmücken, Heckenbraunellen, Zaunkönige, Kleiber, Zilpzalpe, Wintergoldhähnchen, Dompfaffe, Buchfinken, Eichelhäher, eine riesige Schar Krähen, ein oft kreuzender Reiher, Enten- und Gänsescharen, die zwischen zwei Seen pendeln und dabei unser Haus überfliegen, seltener Distelfinken und an der nahen Emscher – wenn man ganz großes Glück hat – im Winter sogar Eisvögel!
In der nahegelegenen Gartenanlage leben Eichhörnchen, Igel, Kaninchen (die letzten Jahre weniger), verschiedene Mäusearten und Ratten (zum Ärger einiger Gartenbesitzer), in den Teichen Frösche und Molche, seltener sichtbar Blindschleichen und Eidechsen. Manchmal kreuzt ein Fuchs und nagen Marder an den Autos herum. In den Abendstunden schwirren Fledermäuse durch die Luft, deren Wohnort ich jedoch nicht kenne.
An Schmetterlingen habe ich bisher im Garten gesehen: Kohlweißling, Zitronenfalter, C-Falter, Distelfalter, Kleiner Fuchs, Admiral, Bläuling und ganz selten einmal – absolutes Highlight! - ein Schwalbenschwanz. Öfter sehe ich seine Raupen, die gerne an den Wilden Möhren sitzen.
An Insekten finden sich in den Gärten eine Menge Wildbienen und Honigbienen, Hornissen, mehrere Sorten Libellen und ansonsten die üblichen: Spinnen, Ameisen, Würmer, Raupen, Käfer, Grashüpfer, mehrere Sorten Schnecken (ebenfalls zum Ärger vieler Gärtner), Engerlinge und öfter mal Wespennester. In lauen Sommernächten genießen wir die Glühwürmchen, und einmal hat sich sogar ein Hirschkäfer-Weibchen auf die Terrasse verirrt.
Sicher habe ich jetzt ganz viele Tiere vergessen oder übersehen. Aber auch so ist es schon eine Anzahl, die sich sehen lassen kann!
Mir bringt es große Freude, die ansässige Fauna zu beobachten. Ich weiß, wie die Frösche an meinem Teich aussehen und vermisse jeden einzelnen, wenn er mal nicht da ist. Ich freue mich, wenn ich im Frühling zum ersten Mal die zurückgekehrte Singdrossel höre, und genieße die Nähe des mich verfolgenden Rotkehlchens. Ich weiß, dass es langsam Abend wird, wenn die Amsel auf der Pergola ihr melancholisches Lied anstimmt, und die Schar Admirale erinnert daran, dass der Sommer nicht endlos ist.
Ich fühle mich mit diesen Tieren sehr verbunden und bin auf irgendeine seltsame Weise sogar stolz auf sie – obwohl ihre Existenz natürlich nicht mein Verdienst ist (außer dass ich meinen Garten relativ einladend gestalte). Und ich freue mich sehr, diese Gefühle teilen zu können, etwa wenn mich ein Gartenfreund mit den Worten empfängt: "Und? Was machen deine Frösche?" oder eine andere mir erst einmal berichtet, dass der Bussard heute auf meinem Gartenhaus gesessen hat. Das alles macht ein Stückchen Heimat aus!
18. Februar 2024
Heute wird wieder viel über den Begriff Heimat diskutiert. Egal wie wir es nennen möchten, so ist eine tiefe Verwurzelung in dem Ort, an dem wir leben, sicher eine gute Voraussetzung für unser Gefühl von Erdung. Insbesondere in einer Zeit, wo wir häufiger den Wohnort wechseln.
In indigenen Kulturen können wir noch erkennen, dass sie mit ihrer Umgebung eins waren. Oft gibt es Mythen um Naturerscheinungen oder gar als heilig erachtete Berge oder besondere Orte. Relikte davon können wir auch noch in unserem alten Volksgut finden. Die Menschen lebten oft generationenlang an einem Ort und hatten eine tiefe Bindung zu ihrem Flecken Erde. Dies erkennt man auch in den zahlreichen Liedern und Gedichten, die die heimischen Pflanzen, Tiere und Landschaften besingen. Sie sprechen von einer tiefen Liebe.
Natürlich gab es auch immer schon Migrationsbewegungen, aber nicht in solch einem hohen Maße wie heute. Oft landen wir mehr oder weniger freiwillig irgendwo, wo wir uns vielleicht erst einmal gar nicht so heimisch fühlen. Nicht nur in Bezug auf das soziale Umfeld, sondern eben auch auf die Umgebung. Ich bin beispielsweise mit viel Natur um mich herum aufgewachsen. An meinem jetzigen Wohnort im Ruhrgebiet finde ich es einerseits toll, für eine Stadt doch relativ viel Grün um mich zu haben, andererseits habe ich lange Zeit damit gefremdelt, weil es keine "richtige Natur" ist, eben keine "echten" Wälder wie in meiner Heimat (natürlich sind sie auch dort einmal angelegt worden). Vielmehr gekünstelte Renaturisierung oder auch viel sekundärer Wildwuchs. Das hat natürlich auch was: Die Natur holt sich ihre Lebensräume zurück – aber man möchte gar nicht so genau wissen, was darunter so verborgen liegt. Mit der Zeit habe ich mich dann aber doch damit angefreundet und fühle mich nicht nur mit den Menschen hier wohl, sondern auch mit meiner natürlichen Umgebung.
Die Autorin Susanne Fischer-Rizzi hat in ihrem Buch "Das Geheimnis deines Ortes. Anleitung zum heimisch werden" (Kosmos Verlag) wunderbar beschrieben, wie man die eigene Umgebung erforschen kann: das in der Gegend vorherrschende Gestein, das den "Menschenschlag" mehr prägen soll als wir annehmen, die Gewässer, die Bäume und Pflanzen, die in der Umgebung wachsen, die Tiere, die auch in den Städten zahlreich heimisch sind. Überall gibt es viel zu entdecken und zu beobachten! Jeder Ort hat seinen eigenen Charakter, der sich in den natürlichen Gegebenheiten widerspiegelt, seine eigenen Farben, Klänge und Gerüche. So kann man sich auch in der Stadt mit der Natur verbinden. Und das erdet! Ich bin mir nicht mehr sicher, ob Fischer-Rizzi in ihrem Buch den Begriff Erdung verwendet, aber ganz bestimmt hatte sie so etwas im Sinn.
11. Februar 2024
Im Winter kann spazieren gehen ganz schön langweilig sein. Insbesondere bei tristem grauem Himmel. Es gibt einfach nicht viel zu sehen: Die Natur schläft fast noch und alles wirkt irgendwie nackt und farblos. Aber wenn wir genauer hinsehen, kann gerade dies einen besonderen Reiz ausmachen. Insbesondere die Bäume enthüllen ohne ihr Blätterkleid ihre interessanten Wuchsformen – und die sind ganz individuell. Es scheint, als ob die Bäume uns im Winter ihren wahren Charakter offenbaren würden. Es kann Spaß machen, sich einmal nur auf die Gestalt der Bäume zu konzentrieren. Und Bäume gibt es fast überall, wir müssen dafür nicht in den Wald gehen. Ein Gang durch den nächsten Park oder die nächste Allee reicht aus.
Während wir die Bäume bestaunen, können wir dies mit einer anderen Übung verbinden: Wir betrachten jeden Baum als Persönlichkeit und begrüßen ihn. Dabei verändert sich langsam die Sichtweise: Die Bäume werdenzu Persönlichkeiten und wir beginnen uns zu wundern, warum wir sie sonst so wenig beachten. Mit der Zeit verwischt der Unterschied zwischen uns und den Bäumen, sie werden uns immer ähnlicher und gleichwertiger, wir erkennen sie als unsere Mitgeschöpfe. Dies tut unserer Wahrnehmung ganz gut, die darauf getrimmt ist, Naturphänomene kaum zu beachten oder als seelenlose Objekte zu sehen. Indem wir auf eine gemeinsame Ebene kommen, ordnen wir uns selbst wieder in die Natur ein.
Ein schöner Nebeneffekt ist, dass wir uns ganz nebenbei über die Bäume auch mit der Erde verbinden. Wir können auch konkret die Wurzeln der Bäume einbeziehen. Wir können uns bei jedem Baum vorstellen, wie weit seine Wurzeln wohl reichen. In baumreichen Gegenden scheint der ganze Boden durch Wurzelwerk durchzogen. Da fällt es leicht, sich damit zu verbinden.
Schön ist auch, bekannte Wege zu gehen und die Bäume im Laufe der Jahreszeiten zu beobachten und so ein engeres Verhältnis zu ihnen entwickeln. Während wir angesichts der kahlen Äste vielleicht rätseln müssen, welches Exemplar da vor uns steht, können wir im Laufe des Jahres noch so manche Überraschung erleben.
5. Februar 2024
Insbesondere im Winter tut es uns sehr gut, Wurzelgemüse zu uns zu nehmen. Es wärmt und sättigt und versorgt uns mit besonders vielen Nährstoffen – gilt die Wurzel doch als Speicherort für die Pflanze. Vom energetischen Standpunkt aus hilft es uns auch bei der Erdung. Dies wird deutlich, wenn man sich beispielsweise ein Blatt Salat neben einer kräftigen Rübe vorstellt.
In unseren Breitengraden wachsen beispielsweise Möhre, Pastinake, Petersilienwurzel, Kartoffel, Süßkartoffel, Steckrübe, Rote Bete, Sellerie, Schwarzwurzel, Topinambur, Zwiebel und Knoblauch – eine breite Auswahl! Und sie lassen sich sehr gut lagern, so dass wir auch im Winter auf sie zurückgreifen können. Wer das Repertoire ein wenig erweitern möchte, kann einmal andere Sorten ausprobieren, die nicht mehr so bekannt sind oder aus anderen Gefilden stammen. Sie lassen sich aber leicht selbst anbauen. Im letzten Sommer habe ich ein paar Sorten ausprobiert:
Beispielsweise die Zuckerwurzel ist eine sehr leckere, mit Möhren und Pastinaken verwandte Pflanze, die viele kleine Wurzelstränge ausbildet. Sie schmeckt tatsächlich sehr süß und sehr lecker! Sie soll auch winterfest sein (was ich gerade teste).
Nicht einheimisch, aber auch sehr empfehlenswert ist Yacon, die ihren Ursprung in Südamerika hat. Sie ist mit der Sonnenblume und mit Topinambur verwandt, bildet aber viel dickere Knollen aus, etwa wie Süßkartoffeln. Sie kann gut in einem großen Topf wachsen. Sie benötigt meiner Erfahrung nach viel Wasser und Sonne und sollte erst nach dem ersten Frost geerntet werden. Auch Yacon ist sehr süß und kann wie anderes Knollengemüse zubereitet werden.
Besonders interessant fand ich Oca, eine Sauerkleeart aus den Anden. Sie ist eine sehr hübsche Pflanze, die viel Blättermasse ausbildet, die (in Maßen) ebenso essbar ist und wie unser Waldklee schmeckt. Die Knollen sind wunderschön und können unterschiedliche Farben haben. Frisch schmecken sie säuerlich, angebraten verlieren sie ein wenig davon, haben aber immer noch einen sehr interessanten Geschmack. Yacon und Oca sind nicht winterhaft, können aber wie Dahlien drinnen überwintert werden. Da sie sich nicht gut durch Samen ziehen lassen, kauft man sie am besten als Knollen oder Pflanzen.
In der kommenden Saison möchte ich auch gerne Kerbelrübe, Haferwurzel und Knollenziest ausprobieren, alles sehr alte einheimische Sorten. Jetzt ist eine schöne Zeit, um für die nächste Gartensaison zu planen!
28. Januar 2024
Seit der Wintersonnenwende ist bereits einige Zeit ins Land gezogen: Die Tage sind merkbar länger geworden, die ersten Frühjahrsblumen sind erblüht und die Vögel lassen ihre Stimmen wieder lauter erklingen. An Tagen wie heute zieht eine Ahnung von Frühling durch die Luft, die Stimmung ist licht und voller Vorfreude - auch wenn wir alle wissen, dass es noch zu früh ist, der Winter jederzeit zurückkehren kann.
Diese Atmosphäre macht ein Fest aus, das genau zwischen Wintersonnenwende und Frühlingstagundnachtgleiche liegt, oder zwischen Weihnachten und Ostern. Im Christentum wird das Ereignis gefeiert, dass Maria 40 Tage nach Jesu Geburt die rituellen Reinigungen vollzieht und ihr Kind im Tempel präsentiert, wie es damals Tradition war: Maria Lichtmess (2. Februar).
Im keltischen Jahreskreis liegt das Fest Imbolc in dieser Zeit. Es kennzeichnet den Übergang zwischen Winter und Frühling. Daher geht es um die Verabschiedung des Alten und das Aufkeimenlassen des Neuen, wie es auch in der Natur zu beobachten ist. Tief in der Erde ist alles schon da, die Keimlinge warten auf ihren Startschuss und brechen an warmen Tagen hervor. Es ist die Zeit von Brigid, der weißen, lichten Göttin, die den jungen, frühlingshaften Aspekt der Großen Göttin verkörpert.
Noch Winter oder schon Frühling? Um diese Frage geht es auch bei den Volksbräuchen, das Verhalten von Tieren zu beobachten und Rückschlüsse auf die kommende Wetterentwicklung zu ziehen, wie beispielsweise in Nordamerika am "Murmeltiertag". Hierzulande waren es eher Dachs und Bär.
Spürt ihr die besondere Energie dieser Zeit? Irgendwie zieht es einen hin und her, das Alte ist noch präsent, das Neue lockt verheißungsvoll, und man springt hin und her. Das kann ein bisschen anstrengend sein. Hier können uns einige Rituale helfen:
֍ Beobachte, was sich in dir lösen möchte. Was poppt da nochmal mit aller Macht auf? Sieh genau hin, was alte Muster betrifft, die nun durchbrochen werden möchten. Was zeigt sich an neuen Umgangsweisen, an neuen Energien und Gefühlen? Die lichte, aber auch feurige Energie dieser Zeit hilft dir bei der Klärung!
֍ Was machen deine Vorhaben, die du zu Beginn des Jahres geplant hast? Was muss noch genährt werden oder benötigt Anschub?
֍ Räuchere mit Kräutern wie Salbei, Beifuß und Wacholder. Sie reinigen die Atmosphäre und tragen zur Klärung bei.
֍ Auch ein Hausputz lädt neue Energien ein! Zudem können nun gut alte Sachen aussortiert werden.
֍ Zünde viele Kerzen oder ein Feuer an! Brigid ist auch mit dem Feuer verknüpft, und an Lichtmess werden traditionell die Kerzen gesegnet.
֍ Gehe raus in die Natur und lasse dich von der Atmosphäre verzaubern! Winterstürme wechseln sich ab mit strahlenden, frühlingshaften Tagen. Genieße alles und beobachte die Veränderungen! Versuche, die lichte Atmosphäre zu erspüren und auf dich einwirken zu lassen.
֍ Übertreibe nicht! Auch wenn wir manchmal starke Aufbruchsenergien verspüren, sollten wir noch ein bisschen Maß halten. Unser Körper ist noch halb im Winterschlaf. Wir können ihn behutsam wecken, aber noch ist nicht die Zeit für Fastenkuren oder andere starke Belastungen.
21. Januar 2024
In den 1970er Jahren wurde das Buch "Haben oder Sein" von Erich Fromm sehr populär. Natürlich ist es immer noch aktuell, da der Materialismus das Leben in unserer Gesellschaft sehr beherrscht. Allerdings habe ich auch den Eindruck, dass viele Menschen mit dem Thema "durch" sind, eine gute Synthese aus Haben und Sein geschaffen haben und nicht mehr solch einen starken Gegensatz darin sehen. Heute würde Fromm vielleicht eher ein Buch mit dem Titel "Machen oder Sein" oder "Tun oder sein" verfassen, das würde den Bedürfnissen der jetzigen Zeit eher gerecht.
Selbstverständlich lassen sich auch hier wunderbare Synthesen finden: Im Idealfall sind wir in unserem Tun so präsent, dass beides ineinander überfließt. Allerdings ist dies leider viel öfter nicht der Fall. Wir machen um des Machens willen – und vergessen die Qualitäten des Seins! In unserem Arbeitsalltag werden wir oft so gestresst, dass wir kaum dazu kommen, in den Seins-Zustand zu gelangen. Bei vielen Tätigkeiten ist das auch gar nicht vorgesehen. Da haben die Menschen einen großen Vorteil, die einen Beruf ausüben, der mehr im Seins-Modus verankert ist, wie Künster*innen oder auch Therapeut*innen, die immer wieder auch in sich hineinspüren. Aber natürlich ist dies auch bei anderen Tätigkeiten möglich.
Auch den Rest unseres Alltaglebens verbringen wir oft im Macher-Modus, sei es, weil die Anforderungen so hoch sind, dass wir gar nicht aus dem Modus herauskommen können, sei es, weil wir uns selbst so sehr mit ihm identifizieren, dass wir nicht herauskommen möchten. Denn dies würde zunächst einmal einen Bruch bedeuten, der vielleicht anstrengender erscheint, als im Aktivmodus zu verbleiben. Wir müssten richtig zu uns kommen und uns besinnen, was wir eigentlich gerade wirklich brauchen und mit Willenskraft aus dem Hamsterrad aussteigen. Wenn wir nur wenig Zeit haben, fürchten wir uns dann vielleicht schon davor, dass es eh bald weitergeht und bleiben dann lieber gleich aktiv.
Unser Umfeld macht es uns auch nicht leicht, in den Seins-Modus zu kommen. Aktive Tätigkeiten, die ein Ergebnis zeigen oder zumindest cool klingen, sind einfach viel angesagter. Und natürlich definieren wir uns lieber selbst als aktiv und produktiv. Und dann ist da noch die Frage, wie wir überhaupt in den Zustand des Seins gelangen. Das muss ja nicht immer über Nichtstun oder Meditation sein. Manchmal funktioniert es ja auch wirklich durch Aktivität: durch Laufen, durch Gartenarbeit, durch ein schönes Gespräch, durch ein gemeinsames Spiel in der Familie. Hier gilt es herauszufinden, was bei uns selbst gut geht und was wann passt. Das wichtigste dabei ist sicher eine innere Motivation statt außengeleitet zu tun, was andere erwarten oder was anderen hilft, und die innere Erlaubnis, unser Streben einmal einzustellen, um uns Freiheit, Freude, Verspieltheit und Muße zu gönnen. Wir wollen keinen neuen Programmpunkt erfüllen, keine neue Verpflichtung, kein "das-wäre-jetzt-aber-besser", am besten überhaupt keine Bewertung aufkommen lassen. Wenn es die blöde Serie ist, die uns in diesen Zustand versetzt, ist es auch gut. Und wenn wirklich nur der Rückzug ins Schlafzimmer hilft, um herunterzukommen, prima! Vielleicht ist es aber auch das Gegenteil und wir kommen am besten zu uns, wenn wir uns in ein Café in einer belebten Straße setzen und dem Treiben zuschauen. Hauptsache wir finden unsere Wege ins Sein! Wo wir einfach wir selbst sein können, ziellos, ganz bewusst und gleichzeitig selbstvergessen, einfach SEIN.
14. Januar 2024
In vielen Kulturen gibt es Weisheitssysteme, die nach den Elementen ausgerichtet sind, z.B. die Humoralpathologie der Griechen, der Ayurveda, die chinesische und die tibetische Medizin. Sie alle gehen davon aus, dass der Mensch – wie jedes andere Element des Kosmos auch – von einem Gleichgewicht zwischen den Elementen bestimmt wird. Dabei kann es zu unterschiedlichsten Mischverhältnissen kommen, so dass sich eine Vielfalt an Erscheinungsformen und Charaktereigenschaften ergibt.
In Bezug auf unser Erdungs-Thema ist das Luft-Element von besonderer Bedeutung, denn Luft wird dem Erd-Element meist entgegengesetzt. Wem es an Erdung mangelt, der oder die hat demnach zu viel Luft-Qualität – sei es von "Natur aus", sei es durch einen besonderen Lebensumstand, der die Person aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Der Luft-Typ entspricht im griechischen System dem Sanguiniker, im Ayurveda dem Dosha "Vata".
Der Vata-Typ wird so charakterisiert: Er hat einen schlanken Körperbau, ist feingliedrig, hat trockene Haut, einen leichten Gang und bewegliche Gelenke. Vom Charakter her ist er sensibel, begeisterungsfähig, kreativ, schnell von Begriff, feingeistig, neugierig und reisefreudig. Er lässt sich schnell mitreißen, ist aber auch genauso schnell erschöpft. In diesen Beschreibungen kann ich mich sehr gut wiedererkennen. Wenn es dir ähnlich geht, bist du sicher ebenso zu einem großen Teil von diesem Typus geprägt.
Es gibt aber auch äußere Einflussfaktoren, die Vata verstärken können: Wind, schnelle und körperlich überfordernde Beschäftigungen, eine chaotische Lebensweise, zu viel Stress, starke Emotionen, Schocks und Unfälle – also alles, was uns aus dem Gleichgewicht bringen kann. Dann kann Vata auch bei Menschen überschießen, die nicht unbedingt dem Typus entsprechen.
Als mögliche Folgen nennt der Ayurveda Verdauungsprobleme, Herzrhythmusstörungen, Menstruationsprobleme, hormonelle Über- oder Unterfunktion, Allergien, neurologische Probleme und psychosomatische und psychiatrische Leiden wie Übersensibilität, Schlafstörungen, Panikattacken, ADHS, Depressionen und Psychosen.
Bei Vata-Überschuss empfiehlt der Ayurveda eine ausgleichende Behandlung. Das heißt, die anderen Doshas werden unterstützt, in der Form von entsprechenden Lebens- und Heilmitteln und medizinischen Anwendungen.
In Ayurveda-Büchern und auf Internetseiten findet man zahlreiche Tests, um das eigene Dosha herauszufinden. Ayurveda-Spezialisten können noch zuverlässiger Auskunft geben und eine passende Behandlung anbieten. Das System der Humoralpathologie wird auch heute von einigen Heilpraktikern benutzt. Auch die TCM arbeitet mit ähnlichen Prinzipien.
Jeder Mensch kann sich aber auch selbst helfen, indem er seine Lebensumstände so gestaltet, dass gar nicht erst zu viel Vata entsteht. Vata-Typen sollten also auf einen regelmäßigen Lebensstil achten und sich beispielsweise nicht zu sehr verausgaben. Im Grunde helfen ihnen alle (auch in dieser Gruppe vorgestellten) Maßnahmen, die sie in eine bessere Erdung bringen.
7. Januar 2025
Erdung ist leicht in den Alltag zu integrieren! Wie könnte ein geerdeter Einstieg in den Tag aussehen? Beim Aufwachen ist es wichtig, noch einmal kurz in die Nacht hinein zu spüren. Oft hängen uns noch Emotionen nach, die von Träumen hervorgerufen wurden. Wenn wir uns diese noch einmal präsent machen, können wir die Gefühle besser verarbeiten. Wenn nicht, lassen wir sie einfach gehen mit der Formel: "Möge alles abfließen, was störend und unerkannt ist und nicht zu mir gehört." Dafür eignet sich natürlich auch gut das Duschen!
Dann können wir bewusst in unseren Körper hineinspüren: Wie fühle ich mich? Wie bin ich da? Etwaige Schmerzen und Unwohlgefühle können wir annehmen und umarmen, dann lösen sie sich oft schon auf. Beim Aufstehen können wir ganz bewusst unseren Körper in Besitz nehmen, uns ganz bewusst bewegen, die Füße auf die Erde setzen und uns sofort mit ihr verbinden:
֍ durch das Hinspüren in die Fußsohlen
֍ durch das Wachsenlassen von Wurzeln in die Erde (siehe Erdungsübungen)
֍ durch die Begrüßung der Erde "danke Erde, danke Erde" (Von dieser Methode hatte ich in einem Podcast von SEOM gehört und war erstaunt, wie gut sie funktioniert! Auch sehr gut für das Erden zwischendurch geeignet!)
Vielleicht möchte der Körper sich auch strecken, gedehnt oder leicht massiert werden.
Bei der Morgenroutine können wir achtsam vorgehen und unsere erwachenden Sinne einsetzen: bei der Dusche das angenehme Wasser auf der Haut spüren, beim Zähneputzen mal ganz präsent sein, die Kleidung auf unserer Haut spüren, ganz bewusst das Müsli oder Brötchen schmecken usw. Eine gute Portion Dankbarkeit dabei für all die guten Gaben fördert die Bewusstheit!
Dann ist es schön, sich mit der Natur zu verbinden: Öffne das Fenster und atme die frische Luft ein, mache einen Morgenspaziergang oder genieße einfach die Natur um dich herum auf dem Weg zur Arbeit: Verbinde dich mit den Wurzeln der Bäume, die neben dem Weg stehen, suche nach Pflänzchen, die sich durch den Asphalt bohren, höre auf den Gesang der Vögel, schau ins schöne Morgenrot – was auch immer dir begegnen mag.
Natürlich ist es toll, wenn man morgens ein bisschen mehr Zeit hat und alle möglichen Rituale abhalten kann. Aber das passt nicht immer gut in den Alltag. Erdungsübungen lassen sich auch gut zwischendurch einbinden: Erde dich auf dem Autositz oder in der U-Bahn, beim Gehen zur Haltestelle oder zum Parkplatz und spüre immer mal wieder in deinen Körper und bemerke, was er braucht.
Darüber hinaus gibt es auch wunderbare Methoden, sich mental auf den Tag auszurichten. Hierzu findest du zum Beispiel schöne Impulse in dem Büchlein "Das Morgenritual" von Burkhard Schmidt.
2. Januar 2024
Ist es sinnvoll, gute Vorsätze für das neue Jahr zu fassen? Ich würde sagen, das hängt davon ab! Vorsätze betreffen Dinge, die wir uns bewusst vornehmen, oder Dinge, die wir ändern möchten. Jedenfalls Dinge, auf die wir selbst direkt Einfluss nehmen können. Oft ist es dann sehr sinnvoll, einen bewussten Entschluss zu fassen. Insbesondere wenn es darum geht, eine Gewohnheit zu etablieren. Wie oft habe ich tolle Ideen, verfolge sie ein paar Tage lang – und dann war es das auch schon wieder, sie fallen einfach dem Vergessen anheim. War dann wohl nicht so wichtig, könnte man denken. Aber vielleicht lag es auch an der fehlenden Willensanstrengung. Das Setzen einer neuen Gewohnheit benötigt schon einiges an Ausdauer. Da reichen ein paar Male nicht aus, sondern wir müssen sie fest verankern und diszipliniert wiederholen.
Die beste Voraussetzung dafür ist, sie wirklich gut durchdacht zu haben. Bin ich wirklich von dem Vorhaben überzeugt? Wie lässt sich der Vorsatz gut durchführen und welche Hindernisse lassen sich im Vorfeld schon aus dem Weg räumen? Wie können wir ihn in unseren Alltag einbauen? Wenn es keine zufällige Geschichte bleiben soll, benötigen wir vielleicht einen festen Zeitrahmen. Nehmen wir mal das Vorhaben, mehr Erdungsübungen (oder Meditation oder Sportübungen) in unseren Alltag zu integrieren. Hier gibt es zum einen konkrete Übungen, für die wir uns konzentriert hinsetzen müssen. Dafür müssen wir einen passenden Zeitraum bestimmen, der realistisch sein muss. Vielleicht morgens früh gleich nach dem Aufstehen oder nachmittags nach der Arbeit zum Entspannen. Forschungen zufolge benötigen wir um die 30 Tage, bis wir eine neue Gewohnheit wirklich so fest etabliert haben, dass ein Automatismus entsteht. Also geht es erst einmal darum, der Sache eine Chance zu geben. Natürlich fällt dies leichter, wenn wir wirklich Spaß daran haben und von der positiven Wirkung überzeugt sind. Dann wird es schnell zum Selbstläufer. Aber wenn wir es nur alle drei Tage mal machen, können wir die gute Wirkung gar nicht erfahren. Dann sollten wir lieber in Bezug auf den Zeitraum niederschwellig planen, beispielsweise mit fünf Minuten beginnen und uns langsam steigern. Vielleicht können wir das Vorhaben auch an eine Belohnung koppeln: Nach den Übungen gönnen wir uns eine Viertelstunde Muße bei schöner Musik oder ähnliches.
Zum anderen gibt es auch Erdungsübungen, die im Alltag bei den verschiedensten Aktivitäten durchgeführt werden können: beim Sitzen, beim Gehen, beim Stehen… Hier gilt es, sich einfach immer wieder an diese Möglichkeiten zu erinnern. Dabei sind dann Erinnerungsstützen hilfreich: Ein bestimmtes Symbol, gut sichtbar aufgestellt oder aufgehängt, ein Erinnerungszettel im Auto, am Bildschirm, ein Hinweis auf dem Handy, ein neues Schmuckstück… Der Blick auf symbolträchtige Bilder von Bäumen oder Bergen kann selbst schon dazu beitragen, sich gut zu verankern, oder auch eine neue Zimmerpflanze.
Auf mentaler Ebene können wir unsere Vorsätze dadurch unterstützen, dass wir uns das Ergebnis unserer neuen Gewohnheit möglichst plakativ vorstellen: Wie fühle ich mich, wenn ich regelmäßig Übungen mache? Welche positiven Folgen hat es für mein Leben?
Hier weitere Ideen für Vorsätze für eine bessere Erdung:
֍ mehr Achtsamkeit im Alltag etablieren
֍ besser auf den eigenen Körper hören
֍ bewusster die eigenen Sinne erleben
֍ sich mehr Muße gönnen
֍ viel Zeit in der Natur verbringen
֍ eigenes Gemüse anbauen
֍ ein neues Hobby anfangen, das wirklich Freude bereitet
֍ mehr auf das Innere Kind hören...
1. Januar 2024
Ich wünsche euch allen ein wunderbares Jahr 2024! Und dass wir alle noch ein Stückchen mehr Frieden in uns schaffen und in die Welt bringen!
"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…" – Dieser Vers von Hermann Hesse beschreibt gut die Energie des Neujahrtags. Ich weiß noch genau, wie ich diesen Neuanfang als Kind zelebriert habe: Jetzt das erste Mal Zähneputzen im neuen Jahr, jetzt das erste Mal schlafen gehen… Alles war irgendwie heilig. Völlig faszinierend, dass plötzlich alles wieder auf Null gestellt war. Neue Chancen, neues Glück!
Später wurde es dann ein bisschen ein Tag wie jeder andere, mit der Ausnahme, dass man verkatert war und nicht genug geschlafen hatte. Aber irgendwie hat sich der Neujahrszauber doch ein bisschen bewahrt. Während die Tage um Weihnachten herum von Innigkeit und Gemütlichkeit geprägt sind, schafft der Neujahrstag plötzlich Weite und Licht. Die Sicht ist auf das Neue ausgerichtet, alles vor uns liegende wirkt hell, eben noch frisch und unberührt. Auch in der Natur spürt man einen Wechsel: Auch wenn die Wintersonnenwende erst zehn Tage her ist, werden die Tage merklich länger, und man hört schon wieder mehr Vogelgezwitscher.
Dies ist eine schöne Zeit, um sich auf das vor uns liegende Jahr auszurichten: Wie möchten wir es gerne füllen? Was ist uns wichtig? Was möchten wir aus dem alten Jahr mitnehmen? Welche Entwicklungen möchten wir weiterverfolgen? Und wo wollen wir neue Wege einschlagen? Wohin sollen wir unseren Fokus legen? Sehr hilfreich ist dabei die Frage, wo unsere Freude liegt. Was bereitet uns wirklich Freude, und was meinen wir tun zu müssen, nur weil es unser Kopf, unsere Familie und unser Umfeld sagen?
Die Antworten kannst du dir im Stillen geben oder aufschreiben, in dein Tagebuch, als Erinnerungsstütze, oder in Form eines Rituals auf einen Zettel, den du wiederum vergräbst oder verbrennst. Lass dir ruhig ein zwei Tage Zeit, oft kommen noch neue Ebenen dazu, die du noch nicht bedacht hast.
28. Dezember 2023
Da zur Wintersonnenwende das Sonnenjahr (und Silvester auch das Kalenderjahr) zu Ende geht, halte ich zu dieser Zeit immer einen kleinen Rückblick: Ich gehe das Jahr noch einmal durch und bedanke mich für die vielen schönen Augenblicke – und auch für die weniger schönen. Denn es ist wichtig für unser Seelenleben, mit allem ins Reine zu kommen. Wenn noch negative Gefühle haften geblieben sind, gilt es diese zu lösen. Das ist oft alles andere als leicht, stecken doch manchmal noch tiefere Themen dahinter. Ich versuche, mir dies alles anzuschauen und zu "neutralisieren". Oft reicht die Haltung der Dankbarkeit. Bei schwierigeren Erinnerungen stelle ich eine imaginative Kerze in die Szene, die Licht und Wärme bringt. Dazu kann es auch nützlich sein, eine echte Kerze anzuzünden und diese imaginativ zu verwenden. Wenn ich die Emotionen erfassen kann, lasse ich sie neutral durch mich durchgleiten. Eine andere Methode ist, sie aufzufangen und zu umarmen. Oder im Körper zu orten und sich auf sie zu konzentrieren, bis sie sich auflösen. Oder gleich eine höhere Instanz um Beistand zu bitten.
Wenn du gerne Rituale machst, kannst du die Dinge – die schönen wie die belastenden – auch aufschreiben und den Zettel verbrennen oder vergraben. Wenn du gerne imaginierst, stelle dir vor, wie du deine Erinnerungen an die Elemente übergibst, um sie zu reinigen: an den Wind, an einen Fluss, ans Feuer oder an die Erde. Und stell dich selbst gleich mit in die reinigende Kraft!
Wer gerne räuchert, kann auch eine reinigende Räucherung durchführen, etwa mit Salbei, Beifuß, Wacholder oder einer reinigenden Räuchermischung.
25. Dezember 2023
Wenn die Sonne ihre äußerste Stellung erreicht hat, scheint die Zeit erst einmal stillzustehen. Deshalb wurden diese Tage auch außerhalb der normalen Zeit gesehen. In alten Zeiten nannte man die Zeit zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag die Rauhnächte (vermutlich abgeleitet vom Brauch des Räucherns). In diesem besonderen Zeitraum durften keine profanen Dinge erledigt werden, nur das nötigste. Die Zeit galt der Innenschau – und der Schau auf das kommende Jahr. Denn man ging davon aus, dass die Schleier zu den geistigen Welten dann sehr durchlässig sind und sich die kommenden Ereignisse besser erahnen, wenn nicht sogar beeinflussen lassen. Daher spielen auch die Träume eine besondere Rolle, sie sollen Hinweise auf die Ereignisse des kommenden Jahres geben. Auch haben sich zu diesem Zweck viele Orakel-Traditionen gebildet. Unsere Silvesterorakel sind ein Erbe dieses alten Brauchtums.
Das Begehen der Rauhnächte ist neuerdings wieder populär geworden. Ich halte das für einen schönen Trend, lädt er uns doch dazu ein, in uns zu gehen und die besondere Zeit bewusst anzugehen. Allerdings nur, wenn wir uns keinen Stress daraus machen: Wenn wir weiterhin viel unterwegs sind und uns zusätzlich noch aufbürden, unsere Träume zu sammeln, Tagebuch zu schreiben, Räucherungen durchzuführen etc., weil das alles so nett klingt und uns sicher guttun wird, haben wir wahrscheinlich nicht viel davon. Wenn wir uns Ruhe und Muße gönnen, ist es sicher eine sehr sinnvolle Sache.
Eigentlich reicht es völlig aus, sich jeden Tag eine gewisse Zeit zurückzuziehen, zu meditieren, Rückschau auf das vergangene Jahr zu halten und sich mental auf das neue einzustellen. Wer es ritueller halten möchte, kann sich in den unzähligen Büchern und Onlineangeboten Anregungen holen. Viele beginnen damit, sich einen kleinen Altar zu errichten. Dann wird dazu geraten, ein Tagebuch zu führen, in dem alle Erkenntnisse, die in dieser Zeit aufkommen, festgehalten werden, ebenso die aufschlussreichen Träume. Eine schöne Begleitung ist das Räuchern, das zum Zweck der Reinigung und des Aufbaus einer guten Atmosphäre im Haus durchgeführt werden kann. Dann können besagte Orakel angewendet werden - in verschiedensten Formen von der Gestaltung eines eigenen Orakelsets (z.B. Runen- oder Baumorakel) bis zum Kartenlegen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Rituale, die dem Zweck der Innenschau, der Reinigung und Einstimmung auf das neue Jahr dienen.
Ich persönlich empfinde diese Zeit ebenfalls als sehr besonders und genieße die Atmosphäre. Der Rückzug tut mir sehr gut. Allerdings nehme ich es nicht so streng mit den Rauhnächten. Heute hatte ich beispielsweise starken Aktivitätsdrang und habe endlich die Mispeln aus meinem Garten verarbeitet. (Sie waren dieses Jahr aufgrund des fehlenden Frosts sehr spät dran.) Das ist sicher nicht im Sinne der Rauhnächte, wo alles ruht, aber es hat mir Spaß gemacht! Bisher habe ich es keinmal geschafft, durchgehend Tagebuch zu schreiben, und mit Orakeln tue ich mich auch ein bisschen schwer. Und Räuchern geht nur, wenn ich allein zu Hause bin. Ansonsten halte ich gerne einen Jahresrückblick (siehe vorherigen Beitrag) und strecke meine Fühler zaghaft ins neue Jahr aus.
19. Dezember 2023
Diese Zeit um die Wintersonnenwende herum ist besonders wertvoll, um innezuhalten und innere Einkehr zu halten. Die Kräfte in der Natur haben sich zurückgezogen, und wir werden angeregt, es ihr gleichzutun. Gleichzeitig hat die Dunkelheit ihren Höhepunkt erreicht. In vergangenen Zeiten wurde diese besondere Zeit auf verschiedenste Weise gefeiert. Die Sonnenwende an sich (um den 21.12.) bedeutet einen wichtigen Punkt. Bis hierher haben die Tage abgenommen – und nun tritt die Wende ein! Es geht nicht weiter bergab, sondern das Licht wird neu geboren - in tiefster Dunkelheit! Das größte Symbol für Hoffnung überhaupt! In vielen Kulten wurde dieses Ereignis groß gefeiert, beispielsweise als Auferstehung des Sonnengotts. Und nicht umsonst wurde Jesu Geburtstag in diese Zeit verlegt: Das christliche Kind erscheint in der tiefsten Nacht und bringt das Licht in die Welt.
Als Menschen, die Hunderttausende von Jahren in enger Verbindung mit der Natur gelebt haben, sind wir in die natürlichen Rhythmen eingebunden, zumindest wenn wir uns Raum geben, dies nachzuspüren. Dies ist gerade vor Weihnachten nicht immer gut möglich, wo der äußerliche Trubel eher zu- statt abnimmt. Aber die ruhige Zeit "zwischen den Jahren" lädt uns ein, uns zurückzulehnen und in die eigenen Tiefen zu gehen. Dies kann durch meditative Tätigkeiten oder Spaziergänge in der kargen Winterlandschaft erfolgen, aber auch durch einfaches Nichtstun und gemütliches Beisammensein bei Kerzenlicht. Wichtig ist, dem Drang nach Unterhaltung und Ablenkung einmal zu widerstehen und sich wirklich auf die Qualität dieser Zeit einzulassen. Vielleicht begegnen wir ja unserem inneren Licht!
12. Dezember 2023
Was sagen die Religionen und spirituellen Weltanschauungen zum Thema Erdung? Insgesamt nicht viel! Vermutlich, weil es in der Vergangenheit einfach nicht notwendig war. Die älteren Traditionen haben ihre Wurzeln noch in der Erde, verehren diese in Form von Erdgottheiten und sind sehr naturverbunden. Die später entstandenen Religionen wie die sogenannten Weltreligionen sind in ihren Hauptrichtungen schon eher nach Oben ausgerichtet: Sie suchen den reinen Geist, das Göttliche, im Himmel, und dieses Göttliche hat dabei einen sehr männlichen Anstrich erhalten (auch wenn moderne Theolog*innen sich bemühen, den weiblichen Aspekt wieder mehr zu berücksichtigen.) Sie haben sich bereits sehr von der Erde distanziert, werten sie und das Erdenleben sogar teilweise ab.
Dennoch hatten die Anhänger*innen im Laufe der Geschichte vermutlich wenig Probleme mit ihrer Erdung. Erst die moderne Lebensweise fernab der Natur und ihren Rhythmen - und oft entgegen den menschlichen Bedürfnissen - reißt die Menschen so richtig aus ihrer Erdverbundenheit heraus. Und dann helfen die etablierten religiösen Systeme weniger hilfreich, wenn sie sie noch weiter abheben lassen. Dies gilt auch für spirituelle Systeme, die aus anderen Kulturen übernommen werden, sofern sie uns nicht mit der Erde verbinden. (Verantwortungsvolle) Meister*innen aus fremden Ländern mussten daher oft die Erfahrung machen, dass ihre Praktiken bei uns nicht 1:1 übernommen werden können. Was in ihrer Heimat gut funktioniert, kann beim westlich geprägten Menschen sogar gefährlich werden. Denn ihnen fehlt die Anbindung, die ihre Landsleute noch besitzen. Große Meister wie Thich Nhat Hanh appellieren daher immer wieder, die Erde wertzuschätzen und sich mit ihr zu verbinden. Er hat erkannt, dass es "im Westen" an dieser Verbindung mangelt.
Auch andere spirituelle Richtungen erscheinen oft sehr abgehoben. Manche kümmern sich nur um das richtige Mindset (Kopf!), andere streben einseitig zum Lichtvollen, zu Engeln und lichten Sphären und negieren alles allzu Irdische: unseren Körper, unsere negativen Gefühle, unseren Schatten. Zweifellos lassen sich so sehr angenehme Empfindungen erzeugen, aber es erscheint doch eher als eine Flucht denn als eine ganzheitliche Entwicklung. Diese kann nur MIT dem Körper stattfinden. Und wünschenswerterweise in Einklang MIT dem irdischen Leben. Warum sind wir sonst hier??? (Manche sehen die Erde ja eher als Ort der Versuchungen, denen es zu widerstehen gilt. Dies ist aber doch eine sehr traurige Sichtweise auf das wunderschöne Leben, das uns hier geschenkt wird!)
Weil auch ich sehr zum Abheben neige, bin ich unendlich dankbar, dass ich vor langer Zeit an meinen (inzwischen verstorbenen) Meditationslehrer Rudi Baier geriet, der von vornherein viel Wert auf eine gute Erdung legte. Erst nachdem dieses Fundament gelegt war, führte er seine Schüler*innen in Meditationsübungen ein, die nach Oben hin öffnen. Denn ohne Erdung lassen sich höhere Energien auf Dauer nicht gut ertragen, können sogar körperliche und seelische Schäden hervorrufen. Mit ein bisschen Übung reicht ein einziger Impuls, um eine gute Erdverbindung aufzubauen – es muss keine große Sache sein! Und mit dieser Basis kann man dann auch die lichtvolleren Welten genießen! Die gewohnte spirituelle Praxis muss also nicht unbedingt geändert werden, sondern es genügt meistens, auf eine gute Erdung zu achten.
Nichtsdestotrotz tut es uns westlich geprägten Menschen sicherlich sehr gut, uns ein bisschen in indigenen Systemen umzuschauen, die die Erde noch als unser aller Mutter verehren und die anderen Elemente der Schöpfung als unsere Geschwister achten. Meiner Erfahrung nach ist nichts erdender, als diese Verbindung wieder herzustellen – für uns und den Planeten!
Hier ist eine einfache und fundamentale Übung zur Erdung im Sitzen (für die spirituelle Praxis und für den Alltag):
֍ Suche deine Sitzhöcker: die Knochen, auf denen du sitzt. Wenn du sie nicht gut spürst, kannst du deine Hände unter den Po legen und sie abtasten. Oder hin- und herrutschen, dann fühlst du sie besser. Spüre zu ihnen hin und atme zwischen den Sitzhöckern und der Haut hin und her. Reinige sie durch deinen Atem oder mit einem imaginären Reinigungstuch, bis sie glänzend weiß sind und in die Umgebung abstrahlen. Dieser Bereich fühlt sich nach einiger Zeit "wässrig" an.
֍ Bilde dann ein Dreieck aus den beiden Sitzhöckern und dem untersten Steißbeinwirbel. Lasse aus diesem Dreieck lange Pfahlwurzeln in die Erde wachsen. Wenn du auf einem Stuhl sitzt, stelle dir vor, er sei deine Erde. Atme durch dieses Dreieck ein und aus.
Mit ein bisschen Übung lässt sich dieses Dreieck sehr schnell bilden, auch bei Arbeiten am Schreibtisch, in Meetings, auf dem Sofa usw.
5. Dezember 2023
Die Meditationsübungen, die mein Lehrer Rudi Baier und dessen Lehrerin Hetty Draayer entwickelt haben, gefallen mir deshalb so gut, weil sie so alltagstauglich sind. Viele Übungen lassen sich ganz nebenbei anwenden: beim Sitzen im Auto, beim Stehen an der Ampel, beim Gehen, während eines Meetings usw. (Beim Ausprobieren wäre ein ruhiger Zeitpunkt und Ort zunächst von Vorteil, aber die Übungen gehen bald schnell in Fleisch und Blut über – wenn sie regelmäßig angewendet werden.)
Sie basieren meist auf drei Faktoren:
1. Erdung: Es geht immer darum, sich mit der Erde zu verbinden, bei allen Haltungen, die wir einnehmen. Dies verschafft sofort ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität.
2. Reinigung: Durch den Kontakt zur Erde können wir alles "abfließen" lassen, was uns blockiert, was verbraucht und unrein ist und nicht zu uns gehört.
3. Vitalisierung: Gleichzeitig können wir neue Energien aufnehmen, die uns erfrischen und neue Kraft geben.
Hier einige fundamentale Erdungsübungen im Stehen oder Sitzen (auf einem Stuhl mit Bodenkontakt) aus meinem Buch "Gut geerdet":
Stell dir vor, wie aus deinen Füßen Wurzeln in die Erde wachsen: Sie durchdringen die Oberfläche der Erde und wachsen immer tiefer in den weichen Boden hinein, der sie gerne aufnimmt. Sie verzweigen sich und verankern sich immer mehr in der Erde. Dies kannst du nach Belieben weiter ausschmücken, dir Wurzeln in der Natur als Vorbild suchen oder auch eine tief verankerte Säule oder einen Pfeiler nehmen.
Spüre zu folgenden Punkten auf den Fußsohlen (also unter den Füßen) hin: zum Zehengelenk der kleinen Zehe, zum Zehengelenk der großen Zehe und zum hintersten Punkt der Ferse. Verbinde diese drei Punkte in deiner Vorstellung zu einem Dreieck. Wenn du magst, kannst du dafür eine imaginäre Hand mit Stift benutzen. Spüre durch dieses Dreieck in die Erde hinein. Lasse aus den Eckpunkten drei tiefe Pfahlwurzeln in die Erde wachsen. Atme durch die Wurzeln ein und aus. Dieses Dreieck verschafft dir eine stabile Erdung, die du auch im Alltag schnell aktivieren kannst.
Stell dir folgendes vor: Du hast einen Pinsel in der rechten Hand und streichst imaginär deine linke Fußsohle mit orangener Farbe an, ganz penibel bis in die letzten Ecken. Nun stell dir das gleiche mit dem rechten Fuß vor. Wenn beide Füße schön orange bemalt sind, lass einen dichten Pelz aus der Farbe wachsen, bis sich die gesamten Fußsohlen pelzig anfühlen. Die Haare gehen in feine Wurzeln über, wachsen nun direkt in den weichen Boden hinein. Die Erde öffnet sich für diese Wurzeln, so dass sie tiefer und tiefer wachsen können, bis sich der Fuß gut verankert anfühlt.
Wenn dir die Imagination des Wurzelwachsens schwerfällt, stell dir einmal vor, sie wären bereits da und du besinnst dich nur auf sie. Oder du stehst mit deinen Füßen bereits tief in der Erde oder in einem Sumpf drin. Oder es wachsen Wurzeln von Pflanzen an deinen Beinen hoch.
Das Wurzel-Wachsen und Dreieck-Bilden kannst du leicht in den Alltag integrieren, es automatisiert sich nach einiger Zeit. Die Übungen helfen auch, raus aus dem Kopf in den Körper zu kommen. Probiere sie einmal eine Woche lang bei möglichst vielen Gelegenheiten aus und spüre, ob du einen Unterschied feststellst. Mit der Zeit müsste sich die Verbindung immer realer anfühlen und du dich immer stabiler.
28. November 2023
Wenn wir in unsere Kraft kommen, empfinden wir auch ein Gefühl von Macht. Dabei kommt dann gerne ein Widerstand auf: die Angst vor Macht. Allein das Wort ist häufig schon negativ besetzt. Wir denken im gleichen Augenblick an Machtmissbrauch. Damit möchten wir nichts zu tun haben! Und deshalb möchten wir gleich auch gar nichts mit Macht zu tun haben! Vermutlich hängt diese Einstellung mit unseren negativen Erfahrungen mit dem patriarchalischen System zusammen, in dem Macht gerne missbraucht wird. Natürlich ganz speziell auch in der deutschen Geschichte. Unser Vertrauen diesbezüglich ist enorm beschädigt. Und wir wollen uns nicht selbst die Finger schmutzig machen und in irgendeinen komischen Verdacht geraten.
Insbesondere Frauen haben auch noch einen anderen Grund: Viele fühlen sicherlich immer noch die Gefahr, die davon ausging, als Frau eine machtvolle Position einzunehmen. Es ist noch nicht soo lange her, dass Frauen schnell als Hexen und ähnliches verschrien wurden. Also hat das weibliche Kollektiv gelernt, sich mal lieber bedeckt zu halten. Aber wir müssen auch nicht so weit zurückgehen: Eine Frau, die ganz in ihrer weiblichen Kraft steht, wurde auch die letzten Jahrzehnte über noch komisch angesehen. Und ich bin mir auch gar nicht sicher, ob es heute so viel besser ist. Natürlich, starke Frauen im männlichen Sinne sind durchaus erwünscht. Aber Frauen, die eine starke weibliche Kraft ausstrahlen, haben es nach wie vor nicht so leicht. Und als weiblich erachtete Eigenschaften wie Gefühlsbetontheit, Sensibilität und Intuition werden weiterhin gerne abgewertet – und deshalb erst gar nicht als Stärke wahrgenommen.
Wenn wir also in unsere Kraft kommen, kann es durchaus vorkommen, dass sich solche und ähnliche negativen Assoziationen und Gefühle in uns auftun. Dann lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Haben wir Angst davor, Täter zu sein - oder Opfer? Befürchten wir, zu sichtbar zu werden, zu angreifbar? Scheuen wir uns vor der Meinung der anderen? Kommen Erinnerungen an unliebsame alte Erfahrungen hoch? Wo liegen Blockaden in uns, die uns hemmen, unsere Macht voll und ganz anzunehmen – und für Gutes einzusetzen?
20. November 2023
Als mein Meditationslehrer mich zum ersten Mal damit konfrontierte, ich würde es nicht zulassen, in meine Kraft zu kommen, konnte ich erst einmal nichts damit anfangen. Was sollte das denn? Ich wollte doch nichts mehr, als mich richtig gut und stark fühlen! Ebenso hört man in spirituellen Kreisen häufig, wir hätten Angst vor unserer eigenen Stärke. Hm, wirklich? Klingt irgendwie ein bisschen schizophren!
Inzwischen weiß ich, dass mein Meditationslehrer Recht hatte: Auch wenn mein bewusster Wille sehr wohl stark sein möchte, gibt es Instanzen in mir, die dies gerne verhindern. Alte Erfahrungen und Glaubenssätze, die sich in mir festgesetzt haben, sind zu handfesten Blockaden geworden. Sie wollten mich einmal schützen, aber jetzt schaden sie mir eher. In spiritueller Sprache heißt das: Mein Ego will mich kleinhalten. Nächstes Fragezeichen: Ist Ego nicht immer eher das, was zu groß ist? Was sich aufbläht und nimmersatt ist? Was in den großen Religionen bekämpft wird als Faktor, der die zwischenmenschlichen Beziehungen stört? Jein. Das Ego bläht sich künstlich auf, weil es sich eigentlich klein fühlt. Und bei einigen Menschen wählt es eine andere Strategie: Es macht sich von vornherein klein, weil es gelernt hat, so besser zurecht zu kommen. Vielleicht haben wir früher die Erfahrung gemacht, dass wir nicht gemocht und akzeptiert werden, wenn wir uns ganz zeigen. Oder man hat uns eingeredet, dass Mädchen sich zurücknehmen sollten. Oder unsere Lebendigkeit zu viel ist. Oder aber wir sind nicht genügend genährt worden, so dass es uns an Selbstvertrauen fehlt. Viele Kinder machen auch die Erfahrung, dass sie nicht genug sind, so wie sie sind, beispielsweise nicht genug Leistung erbringen.
Solche Erfahrungen können uns ein ganzes Stück kleiner machen. Statt in unserer Strahlkraft zu leben, bauen wir eine Art Ersatz-Ich auf, und dieses übernimmt dann das Ruder, um uns vermeintlich gefahrloser durchs Leben zu bringen. Also durchaus nützlich! Daher würde ich es auch nicht grundsätzlich verdammen, wie es in einigen Lehren passiert. Jedoch kommen wir irgendwann einmal an den Punkt, an dem wir diese Art Schutz eigentlich nicht mehr benötigen, oder immer weniger. Nur haben wir uns so daran gewöhnt, dass wir es für unser wirkliches Ich halten. Wenn wir es aufgeben, was bleibt dann? Der große Sprung ins Ungewisse, der erst einmal Angst bereitet. Da benötigen wir sehr viel Hingabe und Vertrauen. Und wenn wir ein bisschen loslassen und von starken Kräften durchflutet werden, ist es auch jedes Mal ein bisschen unheimlich: Werden wir jetzt nicht komplett weggeschwemmt? Lösen wir uns etwa in Nichts auf? Ist es unser Tod? Es ist unser Ego, das da Einhalt gebieten möchte, und zwar zurecht: Denn es wäre ja auch sein Tod.
Unser Ich allerdings, wenn wir vertrauensvoll bei der Öffnung bleiben, macht die schönsten Erfahrungen: Es darf seine eigene Größe erleben und sich gleichzeitig vollkommen eingebettet fühlen. Diese Größe hat nichts mit der Anstrengung des Egos zu tun, sich aufzuplustern und über andere Menschen zu stellen. Im Gegenteil werden wir uns in diesem Zustand auch der Größe anderer Menschen bewusst – und können uns darüber freuen! Und wir können spüren, dass wir alle miteinander verbunden sind. Auf dieser Ebene sind Selbstbehauptung und Abgrenzung nicht mehr nötig.
Ein wunderbarer Zustand – aus dem wir auch ganz schnell wieder herausfallen. Denn unsere Strukturen beruhen auf Gewohnheit, und es ist schwer, sie dauerhaft zu ändern. Und es erscheint immer sicherer, beim Gewohnten zu bleiben. Wir wissen ja auch nicht mal, welche Konsequenzen unsere Veränderungen mit sich bringen können - vielleicht passt unser altes Leben dann nicht mehr zu uns. Es ist also auch der ungewisse Weg, der uns Angst machen kann.
Aber sicherlich bekommen wir bald Gelegenheit, den Faden wieder aufzunehmen und uns noch ein Stückchen weiter zu öffnen, mehr loszulassen, mehr Kraft zuzulassen. Und im Alltag können wir jeden Tag trainieren, bei dieser Kraft zu bleiben.
Eine Meditationsübung dazu:
Bei dieser Übung ist es wichtig, aufrecht zu sitzen. Spüre, wie du mit dem Po den Boden (oder Stuhl) berührst. Spüre in die Sitzhöcker (die Knochen, auf denen du sitzt) und reinige sie imaginär (z.B. mit einem Tuch), bis sie weiß ausstrahlen. Verbinde sie dann mit einem imaginären Stift zu einem Dreieck mit dem Steißbein. Atme durch dieses Dreieck ein und aus. Lasse aus dem Dreieck tiefe Pfahlwurzeln in die Erde wachsen, bis du gut verwurzelt bist. Spüre, wie dein Körper sich entspannt und nachgibt. Gleichzeitig möchte sich deine Wirbelsäule aufrichten, bis du ganz gerade sitzt. Sage dir nun: "Ich bin ein König" oder "Ich bin eine Königin" und lasse die Worte wirken. Spüre die Kraft, die von ihnen ausgeht. Sonne dich in dieser Kraft und lasse sie durch deinen Körper strömen! Wenn Widerstand kommt: Doch, du bist es! Du bist es wert und du bist würdig!
(in Anlehnung an meinen verstorbenen Lehrer Rudi Baier. Er hat das Bild des Königs bzw. der Königin immer als Archetyp für die eigene Würde und Kraft gesehen.)
13. November 2023
Wenn im Spätherbst so langsam die Natur abstirbt, erinnern uns viele Feiertage an den Tod und die Verstorbenen: Samhain, Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag, Totensonntag... Die Zeit lädt also ein, sich mit unseren Ahnen zu beschäftigen. Während in vielen Kulturen auch heute noch ein ausgeprägter Kult um die Ahnen betrieben wird, sieht es bei uns anders aus: Wir betrachten uns selbst so sehr als Individuum, dass wir oft keine tiefere Verbindung zu unseren Vorfahren mehr spüren. Vielleicht noch zu unserer Lieblingsoma, aber nicht zu den Ahnen allgemein.
Dies hat seine Vorteile: Wir fühlen uns frei und erliegen nicht dem Aberglauben und den Ängsten, die oft mit dem Thema Ahnen verbunden sind. Andererseits nehmen wir so vielleicht mehr auf uns, als eigentlich nötig wäre. Denn meiner Erfahrung nach sind wir mehr von unseren Vorfahren geprägt, als wir es uns normalerweise vorstellen. Und laufen oft mit einem Haufen Altlasten herum, der nicht wirklich zu uns gehört. Mir selbst sind schon einige solcher Geschichten "hochgekommen". In meinem Buch beschreibe ich zum Beispiel, wie ich mitten in der Meditation plötzlich von der Trauer meiner Großeltern über ihre Flucht während des 2. Weltkrieges übermannt wurde. Nachdem ich mich näher mit dieser Thematik befasst hatte, konnte ich auch eine Menge eigener Probleme loslassen. Nicht zuletzt sah ich einen Zusammenhang zwischen dieser Erfahrung und meiner fehlenden Erdung (Verwurzelung). Ich bin mir sehr sicher, dass ich als Kind die verdrängten Gefühle aufgesogen hatte. Auch wenn Eltern und Großeltern ihre Kinder nicht direkt mit ihren Sorgen und negativen Gefühlen belasten, so sind sie für Kinder doch spürbar. In der Psychologie gibt es den Begriff der "transgenerativen Weitergabe von Traumata". Die traumatisierten Menschen sind dann nicht selbst in der Lage, ihre Traumata zu bearbeiten und geben sie - unabsichtlich – an die nächsten Generationen weiter. Allerdings bedarf es dafür keiner schlimmen Kriegszeiten, ich denke, alle Erfahrungen werden irgendwie gespeichert und weitergegeben. Der Sinn liegt darin, die nächsten Generationen vor schlimmen Erfahrungen zu bewahren. Allerdings möchten wir ja lieber unvoreingenommen unsere eigenen Erfahrungen machen und nicht die Ängste unserer Vorfahren mit uns herumschleppen, die uns dann am Leben hindern.
Aus diesem Grund lohnt sich ein tieferer Blick in die Geschichte unserer Ahnen. Dies kann erst einmal auf kognitivem Wege erfolgen. Wenn wir irgendwo einen tieferen Zusammenhang spüren, lohnt es sich, sich tiefer in die Thematik einzufühlen. Auch Krankheitssymptome können ein Wegweiser sein. Wir können das Thema und die Gefühle durch uns durchlaufen lassen und sie loslassen. Oder wir geben sie rituell unseren Ahnen zurück und lassen sie sich auflösen. Dabei können auch speziell ausgebildete Therapeut*innen (Beispiel Familienaufstellung) und schamanisch ausgerichtete Heiler*innen und Familienaufsteller*innen helfen. (Wenn ich selbst nicht weiterkomme, wende ich mich gerne an die liebe Britta Endemann, die auch in dieser Gruppe ist. Sie hat mir schon oft geholfen und mir wunderbare Methoden beigebracht.)
Ich habe den Eindruck, dass gerade heute viele solcher alten Geschichten hochkommen, weil wir - vielleicht das erste Mal in der Geschichte der Menschheit - in solch einem Überfluss leben, dass wir die nötigen Ressourcen und die nötige Zeit haben, um uns intensiv mit ihnen zu beschäftigen. Der Dank für unser Engagement ist ein Zugewinn an Energie, da diese nun nicht mehr gebunden ist, und ein Gefühl tiefer Verbundenheit mit unseren Ahnen, die wiederum viel Kraft schenkt! Denn selbstverständlich gibt es auch viele positive Aspekte, die sie uns mitgegeben hab
2. November 2023
Eigentlich hatte ich schon einen netten Text zum Herbst verfasst, wie schön erdend er doch ist mit seinem goldenen Licht und seinen warmen Farben, den reichen Erntegaben, die er mit sich bringt, und seiner Einladung zu wunderbaren Spaziergängen durch Blättermeere…
Und nun diese Stürme! Die sind alles andere als erdend! Vielmehr muss man aufpassen, nicht mit abzuheben! Ich persönlich fand die letzten Tage sehr anstrengend. Es war, als würde mit den Stürmen so allerhand aufgewirbelt, was aus der Tiefe meiner Seele noch einmal an die Oberfläche kommen wollte. Nicht umsonst sagt man, dass das Bewusstsein zu Samhain (wie der keltische Name des Festes heißt, aus dem Halloween und Allerheiligen entstanden sind) durchlässiger ist. Geister habe ich zwar nicht gesehen, aber die Geister im eigenen Inneren reichen ja auch! Auch sie kommen in schrecklicher Gestalt daher, aber wenn man sie einlädt und näher betrachtet, ihnen also die Maske abzieht, verlieren sie ihren Schrecken. Darunter befinden sich oft genug harmlose, kindliche Anteile, die einfach gerne gesehen und umarmt werden möchten. Und dann lösen sie sich wie ein echtes Gespenst in Luft auf – und hinterlassen viel gute Energie! Und diese Energie gibt die Kraft, sich den nächsten Geistern zu stellen. In turbulenten Zeiten kann das Schlag auf Schlag gehen.
Dann ist es wichtig, sich viel Zeit und Ruhe zu gönnen! Dann können sich im Inneren die Dinge neu sortieren. Und wenn sich alles gesetzt (geerdet) hat, können wir auch hinaus in den Herbststurm und ihn so richtig genießen. Uns in den Wind stellen und alles loslassen, was da gehen möchte! Die Bäume machen es uns vor: Sie lassen sich alles Überflüssige abstreifen, um im Winter keinen unnötigen Ballast mit sich zu tragen. Auch uns tut es gut, mit weniger Ballast durch's Leben zu gehen!
Also nimm es sportlich, wenn sich in deinem Inneren ein kleiner Sturm zusammenbraut! Vielleicht möchte sich da einfach etwas lösen! Und sei gut zu dir!
Tipps zur Erdung in stürmischen Zeiten:
֍ die Gemütlichkeit drinnen feiern
֍ viel schlafen
֍ sich Gutes tun: eine Tasse Tee genießen und den herumtreibenden Blättern nachschauen, eine leckere Suppe kochen, das erste Bad in der kalten Jahreshälfte nehmen
֍ ein gutes Buch lesen, einen schönen Film sehen, interessanten Podcast hören
֍ die Wohnung herbstlich dekorieren
֍ alte Fotos anschauen, in alten Zeiten schwelgen (auch mit Familie, Freund oder Freundin)
֍ speziell um Samhain herum: eine Kerze für die Ahnen aufstellen und ihrer gedenken
֍ mal wieder ein Gesellschaftsspiel spielen
֍ Tagebuch schreiben
֍ Liste schreiben: "was möchte ich gerne loslassen" und verbrennen oder vergraben
֍ Räuchern oder Duftlampe anmachen
֍ Meditieren, Entspannungsübungen
֍ Erdungsübungen
25. Oktober 2023
Auch positive Gefühle können uns abheben lassen! Da solch ein Höhenflug ja (leider) meist nicht von allzu langer Dauer ist, können wir ihn uns ruhig gönnen und genießen! Wer allerdings sehr starke Gefühlsschwankungen hat und von einem Hoch ins nächste Tief fällt und umgekehrt, sollte vielleicht auch bei positiven Gefühlen Vorsicht walten lassen, um die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Luftige Menschen wie ich schaffen es nämlich auch hier schnell abzuheben.
Ich erinnere mich gut, wie ich Anfang Zwanzig sehr verliebt in einen Kommilitonen war. Als wir tatsächlich zusammen kamen, erlebte ich einige Tage wie in einem Rausch. Ich weiß nicht, was meine Hormone da genau veranstalteten, jedenfalls hatte ich solch einen starken Energieüberschuss, dass ich mich wie auf Droge fühlte. Nach höchst intensiven Tagen mit wenig Schlaf hatte ich schließlich einen kleinen Kollaps. Nichts Schlimmes, aber mein Arzt machte mich darauf aufmerksam, dass man auch vor Glück "durchdrehen" kann. Und natürlich kann dies auch bei anderen Ereignissen passieren, die uns stark euphorisieren, oder bei bestimmten äußerlichen Konstellationen.
Bei mir sind es oft Wetter-Hochs, die mich besonders mitreißen. Blauer Himmel und Sonne – und schon mutiere ich zu einem "Irrwisch", wie meine Mutter es nannte. Meine innere Unruhe drängt mich schnell raus, so dass ich manchmal keinen klaren planerischen Gedanken mehr fassen kann. Am liebsten in den Garten. Dort wirbele ich dann stundenlang herum und merke gar nicht, wie ich mich verausgabe. (Gartenarbeit an sich ist ja unheimlich erdend – trotzdem schaffe ich es, es auch hier zu übertreiben!) Oder ich streue meine Energien in andere Richtungen, bin extrem offen und kommunikationsfreudig - bis ich irgendwann sehr erschöpft bin. Im Urlaub nerve ich meine Familie gerne damit, schnell auf den Berg zu kommen.
Inzwischen kenne ich mich recht gut und sehe mich an solchen Tagen besonders vor: Ich achte auf eine stete Erdung und mache genügend Pausen. Die Sonne kann man ja auch mal vom Liegestuhl aus genießen!
Wenn ich zu viel Energie verspüre,
֍ gehe ich mit meinem Bewusstsein ins Becken und in die Füße und lasse sie einfach in den Boden ablaufen
֍ stelle ich mir jemanden vor, dem ich sie schenken möchte
֍ gehe ich während meiner Aktivität in den Achtsamkeits-Modus und konzentriere mich bewusst auf die Wahrnehmungen
֍ wechsele ich die Tätigkeit, beispielsweise von intellektueller zu körperlicher Arbeit
֍ mache ich einen Spaziergang, bei dem ich mit den Füßen bewusst die Erde berühre
֍ gehe ich barfuss
֍ mache ich Qi-Gong-Übungen, die die Energien besser verteilen
Natürlich nutze ich die aufstrebenden Energien gerne, und manchmal ist es ja auch schön, sich zu verausgaben. Aber insgesamt geht es mir einfach besser, wenn ich den Erdkontakt nicht verliere. Dann kann ich alles noch viel besser genießen! Mit Ruhe und Muße! Und falle später nicht in ein großes Loch!
18. Oktober 2023
Erst einmal vorneweg: Gefühle gehören zur menschlichen Natur und erfüllen eine wichtige Funktion. Es geht nicht darum, sie zu negieren oder "wegzumachen". Aber manchmal tragen sie dazu bei, uns aus unserer Erdung herauszuholen, und dann sollten wir unseren Umgang mit ihnen ein wenig überdenken.
Gefühle werden dem Denken oft gegenübergestellt. So hört man, die Gefühle lägen im Streit mit dem Verstand. Das kann natürlich vorkommen, wie wir wahrscheinlich alle wissen. Und selbstverständlich gibt es auch den typischen Kopfmenschen, der wenig Zugang zu seinen Gefühlen hat; ebenso wie es den Gefühlsmenschen gibt, dem es schwerfällt, sachlich und objektiv zu denken. Dieser kann in seinen Gefühlen genauso versinken wie der Kopfmensch in seinen Gedanken – und die Bodenhaftung verlieren.
Oft genug aber gehen Gefühle und Denken auch eine Symbiose ein: Gedanken erzeugen Gefühle, und Gefühle erzeugen Gedanken. Das ist leicht nachzuvollziehen: Denke an eine traurige Angelegenheit – und schon kommst du mit dem entsprechenden Gefühl in Kontakt. Und: Wenn du sowieso schon traurig bist, denkst du schnell an weitere traurige Vorfälle, und die Mühle dreht sich immer weiter. Oder du suchst in deinen Gedanken nach Indizien für deine Gefühle, und die Gedanken bestätigen letztendlich das, was du sowieso schon fühlst. Bist du von einem Freund enttäuscht, wirst du in dieser Stimmung schnell genug Gründe dafür finden, warum deine negativen Gefühle gerechtfertigt sind – für objektive Einschätzungen bleibt dann oft kein Raum. Starke Gefühle können uns also genauso aus der Erdung reißen wie unsere Gedankenkarussells, bzw. beide treten auch gerne gemeinsam auf.
Genauso wie bei den Gedanken ist es auch bei den Gefühlen eine Frage der Identifikation: Ein Gefühl poppt auf – und wir identifizieren uns damit. Dabei spielen ankonditionierte Mechanismen eine große Rolle. Wir lernen als Kinder, in welchen Situationen man sich ärgert, wütend oder traurig wird. Und dann macht man das eben so. Und natürlich kommen unsere eigenen Erfahrungen hinzu, unsere wunden Punkte, die uns umso mehr triggern. Meist liegen dahinter unerlöste Gefühle, die sich im Körper abgespeichert haben. Wut, die wir vielleicht nicht ausleben durften, Trauer, die wir heruntergeschluckt haben. Dieser Verdrängungsmechanismus hat uns geholfen, über schwierige Situationen hinweg zu kommen. Aber nun schlummern all diese Dinge in uns und binden viel Energie, die wir zu ihrer Unterdrückung benötigen. Dabei ist es oftmals gar nicht so schmerzhaft, die alten Dinge loszulassen. Wir sind nun erwachsen und reif genug, um uns gut um uns selbst zu kümmern, wir sind keine hilflosen Kinder mehr. Wir können dem hilflosen Kind in uns die Hand reichen und es selbst trösten, ohne auf Hilfe von außen angewiesen zu sein. Mein Meditationslehrer Rudi Baier sagte immer, Gefühle seien bewegte Energie. Wenn wir sie zulassen, gehen sie wie eine Welle durch unseren Körper und reinigen uns sogar dabei. Allerdings nur, wenn wir uns nicht allzu sehr mit ihnen identifizieren. Wenn also alte Trauer aufsteigt (und die steigt eigentlich immer mit auf, wenn wir aktuell Trauer empfinden), dann wäre es heilsam, sich nicht mit dem armen, verletzten Kind zu identifizieren und in Selbstmitleid zu zergehen, sondern besser mit dem erwachsenen Ich, das sich liebevoll um das verletzte Kind und seine Gefühle kümmert. Die Gefühle werden dabei nicht verdrängt, sondern gewürdigt und zugelassen. Sie erhalten Raum und dürfen heilen.
Allerdings ist es nicht so leicht, den kurzen Augenblick zu erwischen, bis die Identifikation einsetzt. Denn der Mechanismus in uns möchte uns gerne dazu verleiten, verletzt, traurig, wütend, usw. zu sein. Und es fällt oft sehr schwer, diesem Drang zu widerstehen und einen Schritt zur Seite zu treten. Insbesondere in Situationen, in denen wir das Gefühl haben, das uns Unrecht geschieht. Wir denken, wir haben alles Recht darauf, wütend und verletzt zu sein. Haben wir auch! Aber dann bleiben wir in der Opferrolle gefangen und übernehmen letztendlich keine Verantwortung für uns und unsere Gefühle. (Die innere Distanz bedeutet ja auch nicht, dass wir nicht adäquat handeln dürften. Nach außen hin dürfen wir uns unbedingt abgrenzen, wenn es angebracht ist!) Wenn wir auf die Identifikation verzichten, spüren wir, wie die Gefühle neutral durch unseren Körper laufen und sich schließlich in Wohlgefallen – und Wohlgefühl!! – auflösen. Wir fühlen uns befreit! Und von jetzt an stehen uns die frei gewordenen Energien für andere Dinge zur Verfügung!
(Vorsicht bei schweren Traumatisierungen! Da helfen besser Trauma-Therapeut*innen!)
Es ist aber auch nicht schlimm, wenn die Gefühle schon da sind oder gespeicherte Gefühle hochkommen. Betrachte es als Chance! Hier kann folgendes helfen:
Mir ist bewusst, dass sich einiges widersprüchlich anhört: Um es loszuwerden, dürfen wir das Gefühl nicht loswerden wollen, sondern sollten es ganz und gar anerkennen… Das Annehmen führt dann tatsächlich zum Loslassen – sehr paradox!! Aber so ist es…
11. Oktober 2023
Sicherlich kennt ihr das Rotieren von Gedanken im Kopf, das sich kaum willentlich steuern lässt. Es kann einem ganz schön auf die Nerven gehen! Vor allem, wenn man sich eigentlich gerade auf ganz andere Dinge konzentrieren möchte – oder auch einfach mal gar nicht denken möchte! Sondern nur Dasein will, die Sonne genießen oder schöne Musik hören… Mit diesem Problem seid ihr nicht alleine! Den meisten Menschen (zumindest in der "westlichen" Welt) geht es ähnlich!
Mit 19 hatte ich in Indien ein Schlüsselerlebnis: Ich unterhielt mich mit einem Inder über meine Erfahrungen mit Fabrikarbeit. Ich erzählte ihm, ich hätte es ein bisschen nervig gefunden, bei dieser eher stupiden Arbeit so viel Zeit zum Denken zu haben. Damit konnte er überhaupt nichts anfangen! Wie sich herausstellte, arbeitete er ähnliches wie ich, nur füllte er seine Zeit nicht mit Denken aus. Er dachte einfach nicht! Damals konnte ich mir gar nicht vorstellen, wie das gehen soll, nicht zu denken. Ich hatte es immer normal gefunden, pausenlos irgendwas zu denken.
Als ich dann weiter in Kontakt mit östlichen Lehren kam, wurde mir klar, dass es gar nicht so normal zu sein scheint. Ständiges diskursives Denken wird hier negativ gesehen. Es legt sich wie ein Schleier auf unsere Wahrnehmung und hält uns davon ab, im Hier und Jetzt zu leben. Das lässt sich sehr leicht überprüfen. Wie oft sind wir in Gedanken, statt richtig anwesend zu sein! Wie oft denke ich an etwas anderes, während ich dusche, esse, aufräume, Auto fahre - eigentlich permanent! Und wenn ich ehrlich bin, muss ich mir eingestehen, dass die Qualität dieser Gedanken nicht wirklich überzeugt.
Und wenn dann noch Emotionen hinzukommen, wird es ganz schwierig! Kürzlich hatte ich einen Konflikt mit einer Freundin und beobachtete mich dabei, wie ich noch Tage danach gedanklich am Argumentieren war. Natürlich wurden die Argumente immer ausgefeilter, und beim nächsten Gespräch hätte ich garantiert die perfekte Antwort parat gehabt! Aber der Preis dafür ist ein riesiger Energieaufwand, der mich zudem in schlechte Stimmung versetzt. (Natürlich plädiere ich nicht dafür, die dahinter liegenden Gefühle einfach zu ignorieren, aber es gibt bessere Methoden als gedankliches Kreisen!) Irgendwann bin ich selbst von mir genervt, aber es fällt so verdammt schwer, die Selbstgespräche einzustellen. Ich kann in solchen Situationen sehr gut beobachten, wie es wie bei einem Pingpong-Ball immer hoch und runter geht: hoch in den Kopf, in den Schwindel der sich drehenden Gedanken, und – mit viel Willenskraft - wieder hinunter in den Körper, in die Verankerung. Puh! Hier ist es so viel angenehmer! Und trotzdem zieht es mich wie ein Sog schnell wieder hoch! Denn es ist ein Mechanismus, der ankonditioniert ist und schwierig zu überwinden.
Die Tendenz, zu viel in Gedanken zu sein, scheint uralt zu sein. Bereits vor zwei, drei Tausend Jahren wurden Methoden wie Meditation entwickelt, um die ankonditionierten geistigen Aktivitäten zu beobachten und sich weniger mit ihnen zu identifizieren. Die damaligen Menschen hatten also auch schon Probleme, ihre Gedanken im Zaum zu halten! Allerdings dürften wir uns seitdem weiter in eine extreme Richtung entwickelt haben, insbesondere in westlichen Gefilden. Denn bei uns steht das diskursive Denken sehr hoch im Kurs, so sehr, dass wir uns ein wenig von anderen menschlichen Funktionen wie Emotionen, Intuition und unserem Körpergefühl abgekoppelt haben. Das fällt uns kaum auf, weil alle um uns herum ähnlich ticken. Bei Kontakten mit Menschen aus anderen Kulturkreisen sieht man dann die Unterschiede. Die Inder*innen, die ich traf, wirkten so ganz anders auf mich. Sie waren viel emotionaler und bewegten sich unheimlich graziös. Ich konnte es damals nicht in Worte fassen, aber heute würde ich sagen, sie bewohnten ihren Körper, waren präsent, viel mehr als ich, die in Gedanken immer auf dem Sprung war. Diese Erfahrungen zogen sich durch alle meine Reisen nach Asien und in den Nahen Osten. Selbst die spirituellen Heiler, die ich im Rahmen meiner Dissertation in Syrien interviewte, wirkten sehr geerdet – während sie von wirklich abgefahrenen Phänomenen wie Dschinnen sprachen!
Mein Meditationslehrer Rudi Baier drückte es später so aus: Wir westlich konditionierten Menschen würden uns energetisch gesehen vor allem im Oberkörper und im Kopf aufhalten und uns somit vom Unterkörper und von der Erde abschneiden. Damit sei der Schwerpunkt verlagert, der in den meisten alten Weisheitssystemen im Unterbauch angesiedelt ist. Wenn diese Verankerung aber fehlt, dreht sich der Mensch bald nur noch in seinen Gedanken und verliert dabei den Kontakt zum Boden – und oft genug auch zur Realität. Denn die Gedanken können uns alles mögliche vorgaukeln! Hier hilft mehr Erdung!
֍ Meditation: Wir kommen in die Stille und beobachten, wie unser Geist überhaupt funktioniert. Dadurch installieren wir eine Beobachter-Instanz, die sich von unseren Gedanken unterscheidet. Damit identifizieren wir uns weniger mit den Gedanken. Wir müssen dann nicht mehr allen Gedanken folgen, die aufkommen (denn das können wir sowieso nicht verhindern.) Das kann man einüben.
֍ Beobachtung der Gedanken im Alltag: Auch außerhalb der Meditation lassen sich die Gedanken beobachten, wenn auch weniger gezielt. Wann immer wir uns ihrer bewusst werden, können wir uns distanzieren. Die Gedanken einfach abfließen lassen, in die Erde, in den Wind, in einen See – was uns gerade einfällt! Wir können solch ein Bild auch verankern, indem wir es jedes Mal wieder aufrufen. Das ist dann wirkungsvoller.
֍ Achtsamkeit im Alltag: Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir tun. Wenn wir abtrocknen, dann trocknen wir ab – und denken nicht über die Präsentation am nächsten Tag nach.
֍ Mehr Körperbewusstsein: Wir versuchen, unseren Körper bewusster wahrzunehmen. Beim Abtrocknen, um dabei zu bleiben, spüren wir bewusst, wie unsere Hand das Glas ergreift. Wenn wir einen Film ansehen, spüren wir hin, wie unser Körper auf verschiedene Szenen reagiert. Wenn wir wütend sind, spüren wir nach, wie sich das im Körper anfühlt.
֍ Konzentration auf die Sinneswahrnehmungen: Beim Abtrocknen nehmen wir wahr, wie kühl und glatt sich das Glas in unserer Hand anfühlt. Wie schön es im Sonnenlicht funkelt. Wie es leicht klirrt, wenn wir es aufsetzen. Wie die Küche nach Gewürzen duftet – die Welt ist voller toller Eindrücke!
֍ Erdungsübungen: Wir können uns bewusst mit der Erde verbinden. Beispielsweise spüren wir in die Füße, wie sich der feste Untergrund unter den Fußsohlen (oder unter unserem Po beim Sitzen) anfühlt. Beim Gehen spüren wir den Berührungen mit der Erde nach. Wir lassen Wurzeln in die Erde wachsen und lassen unsere Gedanken durch sie ablaufen.
֍ Auszeit: Wenn wir aus Nervosität oder Stress zu sehr in Gedanken sind, kann eine kleine Auszeit helfen: eine Teepause, ein Spaziergang, eine sportliche Einlage oder eine Übungssequenz Yoga oder Qi Gong – alles was uns wieder in den Körper bringt!
֍ Kontakt zur Natur: Die Natur kann uns wunderbar helfen, wieder runterzukommen. Ein paar Spieleinheiten mit unserem Haustier, das Versorgen der Zimmerpflanzen, das Beobachten der Natur aus unserem Fenster heraus – wir müssen nicht mal unbedingt das Haus verlassen. Draußen wartet natürlich eine ganze Welt auf uns und unsere Sinne, die gerne entdeckt und wertgeschätzt wird! Tiere spüren übrigens sofort, wenn wir nicht richtig "da" sind!
֍ Erinnerungsstützen: Natürlich fliegen wir am Tag Hunderte Male wieder aus unserem schönen achtsamen Zustand heraus. Das ist normal. Um uns immer wieder an unser Vorhaben zu erinnern, können wir mit Erinnerungsstützen arbeiten. Hierbei sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt: Erinnerungszettel, ein schöner Gegenstand, ein Stein in der Tasche, ein Schmuckstück, ein Blumenstrauß zentral platziert… Immer wenn unser Auge darauf fällt, gehen wir wieder in den Achtsamkeitsmodus.
֍ Bewusstes Angehen eines Problems: Wenn wir merken, dass die Gedanken sehr stark um ein bestimmtes Thema kreisen, ist es besser, dieses anzugehen. Dies kann unterschiedlich aussehen. Vielleicht reicht es schon, die Gedanken zu notieren oder zu teilen. Wenn es sehr emotional aufgeladen ist, sollten wir uns um die Gefühlslage kümmern.
֍ Zwischendurch oder abends vor dem Schlafengehen die Fortschritte würdigen: Auch wenn es am Tag nur ein paar kleine Augenblicke sind, die wir unserem Gedanken-Trott abgewinnen, können wir stolz sein! Es werden mit der Zeit mehr! Und über den Rest nicht ärgern!! Es ist einfach eine hartnäckige Angewohnheit – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
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